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Klimakrise als Managementproblem
Die falsche Logik technologischer und marktwirtschaftlicher Lösungen
Als FDP-Chef Christian Lindner vor einigen Tagen im Sommerinterview des ZDF die am meisten gefürchtete Frage nach den Klimaschutzmaßnahmen gestellte, spulte der Politprofi den Kanon seiner Partei ab: Technische Lösungen seien die Rettung, »mehr Freude am Erfinden, weniger am Verbieten«. Technologien, auf die wir uns in Zukunft verlassen können, um das Klima zu schützen, seien CO2-Zertifikate-Handel, E-Mobilität, synthetisches Benzin.
Die Grundannahme, dass Technologien uns bei der Bewältigung der Klimakrise helfen, wird immer häufiger gemacht. Die Logik dahinter ist simpel: In der Vergangenheit haben sich im neoliberalen System die Technologien durchgesetzt, die rentabel sind. So können Ingenieur*innen aus unserem Land in Ruhe ihre Klimatechnologien entwickeln, die sich nach und nach durchsetzen können. Zusätzlich kommt mit den CO2-Zertifikaten ein wirtschaftlicher Ansporn dazu, mit dem die Emissionen ganz »natürlich« geregelt werden.
Viele Regierungen legitimieren mit diesem Argument das »Weiter so«. Es ist eine Art Freifahrtschein fürs Nichtstun im Hier und Jetzt. Aber die entscheidende Frage ist: Können wir wirklich darauf setzen, dass uns diese Technologien in Zukunft dabei helfen werden, das Klima zu schützen?
Das Problem ist schon oft durchdekliniert worden: Diese Technologien sind noch nicht entwickelt – es wird sie höchstens dann geben, wenn es viel zu spät ist. Wir erleben die Klimakrise jetzt – viel extremer, als sich viele vor einigen Jahren noch ausmalen konnten. Das bestätigt nicht nur der neueste IPCC-Bericht, sondern inzwischen auch ein Blick aus dem Fenster. Die Klima-Technologie-Erfolgsstory der FDP fällt in sich zusammen.
Es gibt noch ein weiteres Problem mit dem Argument einer marktbasierten Energiewende. In der Geschichte haben sich die für Gesellschaft und Umwelt besten Technologien nicht auf magische Art und Weise durchgesetzt. Als das Auto Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA auf den Markt kam, gab es einen riesigen Aufschrei aus der Bevölkerung. Es wurde als Belästigung und Gefahr angesehen, als elitäres Fortbewegungsmittel für wenige Reiche. In vielen Städten der USA gab es gut ausgebaute Straßenbahnnetze. Viele Trambetriebe wurden von Autokonzernen aufgekauft und aufgelöst. Erst dann setzte sich das Auto durch – die demokratische Legitimität zweifeln viele Expert*innen bis heute an.
Und das Ergebnis war zweifelhaft: Anstatt mehr Mobilität für Menschen zu erreichen, gab es de facto weniger Mobilität durch mehr Staus. Zusätzlich wurde mehr Energie benötigt. Das Auto kurbelte massiv die fossile Industrie an und somit den CO2-Ausstoß. Der Trend aktueller Autoproduktion geht zu immer schwereren, immer mehr Sprit verbrauchenden Autos anstatt zu weniger und leichteren Modellen. Neue Technologien haben sich in der Vergangenheit also nicht unbedingt durchgesetzt, weil sie progressiver waren. Und sie haben Umweltprobleme oft verschlimmert.
Hinzu kommt, dass es kein natürliches Ende fossiler Technologien geben kann, zumindest mittelfristig. Es gibt immer noch viel Kohle und Erdöl zu verbrennen. Neue Technologien haben also in einem ungeregelten Markt gar nicht die Möglichkeit, sich durchzusetzen. Wir müssen uns aktiv dafür entscheiden, diese Ressourcen im Boden zu lassen – im Rahmen einer politischen Vorgabe. Auch eine CO2-Steuer macht nur Sinn, wenn sie so hoch ist, dass sie bemerkbar ist.
Das Problem mit Politiker*innen wie Christian Lindner ist, dass sie die Klimakrise als Managementproblem, nicht als existenzielle Krise ansehen. Ihre Logik ist: Wir müssen einfach die marktwirtschaftlichen Mechanismen anpassen, die technischen und wirtschaftlichen Lösungen sind dann rechtzeitig da. Aber wie die Geschichte zeigt: Das Auto hat sich nicht etwa durchgesetzt, weil es die optimale Lösung war. Es hat sich aufgrund der Marktinteressen großer Autokonzerne durchgesetzt – nicht wegen des Allgemeinwohls. Andere Lösungen wie ein starkes Schienennetz und Autos nur für nötige Fahrten wären viel effektiver gewesen. Technische »Lösungen« werden letztlich nicht die harten Entscheidungen verhindern können, die notwendig sind, um die Erderwärmung einzudämmen – wie dem sofortigen Ausstieg aus der Kohle und dem Baustopp neuer Autobahnen.
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