Ohne Spur

Taliban entführen die Bezirks-Gouverneurin Salima Masari

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 2 Min.

Nur wenige Wochen alte Bilder von ihr zeigen Salima Masari lachend inmitten einer Gruppe von schwer bewaffneten Soldaten, andere zeigen sie, wie sie durch das Zielrohr eines Scharfschützengewehrs blickt, die Hand am Abzug. Während andere Bezirksgouverneure in Afghanistan angesichts des Vorrückens der Taliban flüchteten, organisierte Masari den Widerstand in ihrem Bezirk Charkint in der Region Balch südlich von Masar-e Scharif höchstselbst. Seit der Ankündigung von US-Präsident Joe Biden im Mai, die US-Truppen schon früher als geplant aus Afghanistan abzuziehen, rekrutierte sie in der Bevölkerung Soldaten und stimmte die Menschen auf den Kampf gegen die Taliban ein. Erst nach dem Fall Kabuls und dem Kollaps des Staates fiel auch ihr Bezirk Charkint, wo bis zuletzt Widerstand gegen die Islamisten geleistet wurde. Am Mittwoch hieß es nun, dass Masari von den Taliban gefangen genommen worden ist - einen Tag, nachdem die Islamisten verlautbarten, Frauen und politische Gegner hätten nichts zu befürchten.

Die 1980 auf der Flucht vor der sowjetischen Invasion im Iran geborene Masari war bei der Taliban nicht nur als Politikerin verhasst, sondern auch als Angehörige der Hazara, einer schiitischen Minderheit in Afghanistan, die den sunnitischen Terroristen als ketzerische Sekte gilt und immer wieder angegriffen wird. Nach ihrem Studium in Teheran arbeitete Masari für die Internationale Organisation für Migration der Vereinten Nationen, bevor sie nach Afghanistan ging. 2018 wurde sie eine von nur drei Bezirksgouverneurinnen. Bekannt wurde sie im vergangenen Jahr, als sie die Kapitulation von 100 Taliban-Kämpfern aushandelte. Im Gespräch mit AFP warnte sie noch vor wenigen Wochen vor einer Machtübernahme der Taliban: »Frauen hätten keine Chance mehr auf Bildung und unsere Jugend würde keine Arbeit mehr finden.« Ihr selbst droht nun die Hinrichtung durch die Islamisten, befürchten Bekannte.

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