Das Management von Atomstroiexport dürfte dieser Tage alles andere als amüsiert sein: Teheran, so zitierte die Moskauer »Gaseta« jetzt Ali Akbar Dschavanfikr, Berater von Irans Präsident Ahmadinedschat, würde das Kernkraftwerk Buschehr natürlich am liebsten mit russischer Hilfe fertig bauen. Sollte es dabei jedoch weitere Komplikationen geben, stünden auch andere Kandidaten zur Verfügung.
Auch wenn Präsidentenberater Dschavanfikr keine konkreten Namen und Details nennen wollte, Teherans Buschehr-Drohung steht im Raum. Generalauftragnehmer Atomstroiexport war nicht bereit, die Meldung zu kommentieren. Buschehr ist für Iran ein Prestigeprojekt. Baubeginn war schon zu Zeiten von Schah Mohammed Reza Pahlevi. Eine Siemens-Tochter, die als Generalauftragnehmer fungierte, stieg nach der Islamischen Revolution Ende 1978 jedoch aus sämtlichen Verträgen aus. Mitte der 1990er Jahre einigte sich Iran mit Russland über den Fertigbau. Das Gesamtvolumen der Abkommen beläuft sich inzwischen auf knapp eine Milliarde US-Dollar. Washington sorgt sich, Iran könnte die Kernenergie nicht nur zu friedlichen Zwecken nutzen, und lief von Anfang an Sturm gegen das Projekt. Auch weil man in Washington einen politischen und militärischen Schulterschluss zwischen Moskau und Teheran befürchtet. Ängste, die durchaus Berechtigung haben: Iran verschaffte Russland einen Beobachterstatus bei der Konferenz Islamischer Staaten, Moskau Teheran bei der Schanghai-Organisation, die sich mehr und mehr als Gegengewicht zu NATO und OPEC positioniert. Vor allem am Widerstand Moskaus scheiterten auch »robuste« UNO-Sanktionen gegen Iran wegen dessen Kernforschungsprogramm. Um den USA Wind aus den Segeln zu nehmen, hatte Moskau den Mullahs unter anderem ein Gemeinschaftsunternehmen zur Urananreicherung in Russland vorgeschlagen. Teheran indes spielte auf Zeit und führte die Russen mehrfach international vor. Ernsthaft getrübt wurde beider Verhältnis im März: Russland warf Iran schlechte Zahlungsmoral bei der Erfüllung der Buschehr-Abkommen vor und stoppte die Lieferung von Kernbrennstoff, mit dem die Reaktoren sechs Monate vor der geplanten Inbetriebnahme befüllt werden müssen. Der für September vorgesehene Start von Buschehr hatte sich damit erledigt. Gegenwärtig ist von Herbst 2008 die Rede. Beide Seiten konnten sich in ihrem Konflikt bei der Auslegung der Verträge bisher nur in Teilaspekten einigen. Teheran riss jetzt offenbar die Geduld. Dass für den Fertigbau reale Kandidaten zur Verfügung stehen, halten hiesige Beobachter angesichts der weit gehenden Isolation Irans jedoch für wenig wahrscheinlich.
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