Wieder Mahnerin

Mehr als elf Jahre nach ihrer Kritik am Kriegseinsatz in Afghanistan fordert Margot Käßmann zivile Hilfe

Nur vier Monate lang war sie Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Das mag man angesichts der anhaltenden Popularität von Margot Käßmann unter Christen aller Konfessionen kaum glauben. Die Pastorin, Buchautorin und langjährige Landesbischöfin in Niedersachsen (1999 bis 2010) legte am 20. Februar 2010 ihre Ämter wegen einer Dummheit nieder: Alkohol am Steuer und dabei erwischt.

Viele dürften damals froh gewesen sein, dass Käßmann die Macht ihres Amtes verlor. Denn kurz zuvor hatte sie sich in einer Neujahrspredigt kritisch zu einem Bundeswehreinsatz geäußert. Ihr Satz »Nichts ist gut in Afghanistan« ist seither ein geflügeltes Wort. Danach brach ein Sturm der Entrüstung los. Politiker, Redakteure und Militärs zeigten sich indigniert über die vermeintliche Anmaßung der Theologin, sich zu Dingen zu äußern, von denen sie aus deren Sicht keine Ahnung hatte. Dabei hatte sie bereits Weihnachten 2009 in einem Interview ihre Kritik am Hindukusch-Desaster detailliert begründet. Unter Berufung auf aktuelle Berichte stellte sie fest, es handle sich mitnichten um eine Aufbaumission, wie es suggeriert werde, sondern ganz banal um Krieg, der das Land immer weiter in den Abgrund reiße.

Dass das genau so ist und dass die Mission komplett gescheitert ist, räumen heute Regierungsmitglieder von CSU bis SPD unumwunden ein, freilich dabei jede eigene Verantwortung von sich weisend.

Margot Käßmann - die zuvor übrigens keineswegs prinzipiell gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr war, sondern diese durchaus gerechtfertigt hatte - hat sich nun wieder zur Sache geäußert. Im Deutschlandfunk Kultur sagte sie am Freitag, es sei bitter, dass ihr Satz von damals immer noch stimme: »Es wäre mir lieber gewesen, man hätte jetzt sagen können, Afghanistan geht in eine wunderbare, freie Zukunft.« 2010 sei sie mit ihren Forderungen nach mehr zivilem Friedensdienst keineswegs allein gewesen, sagte Käßmann. Bei solchen Konflikten gelte es immer, früh auf Mediation zu setzen, zivile Kräfte zu stärken und sich in die andere Kultur hineinzudenken. Jetzt müsse man weiter versuchen, den Menschen vor Ort zu helfen und denjenigen beistehen, die nach Deutschland geflüchtet seien.

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