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Pleitegeier über dem Affengehege
Die Corona-Pandemie bescherte dem Berliner Zoo ein dickes Minus. Eine Übernahme durch das Land will das Unternehmen aber nicht.
Die Corona-Pandemie hat Zoo und Tierpark in Berlin ein dickes Minus beschert. Rund vier Millionen Euro fehlen der Zoo-Aktiengesellschaft in ihrer Bilanz 2020. Das teilte die Zoo AG dieser Tage mit. Grund dafür sind vor allem eingebrochene Eintrittserlöse, da letztes Jahr deutlich weniger Touristen in die Stadt kamen als in normalen Zeiten. Auch der sechswöchige Lockdown im Frühjahr 2020 habe zu massiven Verlusten geführt. Nach Zooangaben seien so zwölf Millionen Euro weniger in den Kassen des Zoos gelandet. Durch diverse Einsparungen habe man zwar einen Teil der Ausfälle ausgleichen können, aber auch im ersten Halbjahr 2021 sei das Besucheraufkommen in Zoo und Aquarium »drastisch zurückgegangen«. Betrieben wird der Berliner Zoo, als auch - über eine Beteiligung - der Tierpark in Friedrichsfelde von der Zoologischer Garten Aktiengesellschaft.
Die Finanznot führe nun dazu, dass »Investitions- und Sanierungsprojekte neu priorisiert« werden müssten, wie der Zoo auf Anfrage mitteilte. Die Finanzierung des nächsten wichtigen Großprojektes - der Bau eines Affenhauses - stehe somit »aktuell auf der Kippe«. Eine Insolvenz drohe aber nicht, so die Zoo-Pressestelle zu »nd«.
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Unklar ist, wie das Finanzloch gestopft werden kann. Nun hat der Geschäftsführer Andreas Knieriem und der Zoo-Aufsichtsrat ein Angebot an den Senat formuliert, das nächste Woche im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses beraten werden soll. Seit 1955 zahlt Berlin nämlich dem Zoo jährlich etwas über 380 000 Euro. Eine Verpflichtung, die Berlin als Ausgleich für eine Grundstücksabtretung des Zoos im Jahr 1957 dauerhaft übernommen hatte. Die Zoo AG schlägt nun vor, diese Zahlung mit einer Einmalzahlung von rund 16,5 Millionen Euro abzulösen. Ein Vorschlag der zu Kontroversen zwischen den Fraktionen und der Finanzverwaltung, die den Vorschlag unterstützt, führte.
Der rechtspolitische Sprecher der Linkspartei, Sebastian Schlüsselburg, hält das Angebot von Zoo und Finanzverwaltung hingegen für keine gute Idee. »Ich halte das für einen schlechten Vorschlag«, sagt er zu »nd«. Zum einen verstehe er nicht, dass der Zoo die sichere Zahlung von knapp 400 000 Euro aufgeben wolle und auf der anderen Seite bringe der Deal Berlin nichts ein. Er schlägt hingegen vor, dass der Zoo neue Aktien ausgeben und so Einnahmen generieren soll. »Mich hat schon gewundert, dass das bei einer Aktiengesellschaft naheliegende nicht gemacht wird«, sagt er.
Für die kommende Sitzung des Hauptausschusses pocht Schlüsselburg nun darauf, dass das Unternehmen für mehr Transparenz sorgt. »Das was uns bisher vorgelegt wurde, reicht nicht«, meint er. Vor einer Entscheidung über 16,5 Millionen Euro müsse die Zoo AG detaillierter den eigenen Bedarf aufschlüsseln und eine aktuelle Gewinn- und Verlustrechnung vorlegen. Außerdem wolle er wissen, welche Erlöse der Zoo durch das eigene Aktienportfolio zusätzlich erzielen könnte.
Der Zoo macht deutlich, dass der Betrieb eines Zoos »nur bedingt« heruntergefahren werden kann und laufende Kosten schlecht reduziert werden könnten. So hätte die Versorgung der rund 30 000 Tiere zu jedem Zeitpunkt gesichert werden müssen. Allerdings habe man »nicht notwendige« Beleuchtungen, Belüftungen oder Reinigungen »zeitweise ausgesetzt, um Kosten zu sparen«. Für einen Teil der Belegschaft - vor allem in der Verwaltung - habe man »für einen kurzen Zeitraum« Kurzarbeit beantragt.
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Dass der Zoo öffentliche Unterstützung benötigt, scheint unstrittig. Auch aus der Opposition mahnt Christian Goiny, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, jüngst »finanzielle Sicherheit für Betrieb und Investitionen in die Zukunft« an. Er sieht allerdings in dem »Streit zwischen Koalition und Finanzverwaltung ein gefährliches Kräftemessen auf dem Rücken unseres Zoos« und plädiert für »ein solides Finanzierungskonzept und die notwendigen Gelder für erforderliche Sanierungen und zeitgemäße Ideen, mit denen der Zoo weiter an Attraktivität gewinnt«.
Thomas Ziolko, Vorsitzender des Fördervereins des Zoos kann der Aktien-Idee Schlüsselburgs einiges abgewinnen. Der Vorschlag habe einen »gewissen Charme«, sagt er zu »nd«. Neue Aktien böten die Möglichkeit, Berlinerinnen und Berliner mehr einzubinden und für Zoo und Tierpark zu begeistern. Dass die Berliner*innen hinter ihrem Zoo und Tierpark stehen, zeige das aktuelle Interesse für den Förderverein. »Allein in diesem Jahr haben wir 1900 neue Mitglieder aufgenommen«, berichtet Ziolko stolz und folgert: »Es gibt eine hohe Solidarität und Liebe für Zoo und Tierpark.«
Aktuell kümmert sich der Förderverein um eine neue Anlage im neuen Himalaya-Teil des Tierparks für die neue Affenart der Francois-Languren die der Verein mit 150 000 Euro fördert. Auch die Okapis können sich dieses Jahr über 100 000 Euro freuen. Neben der Unterstützung für konkrete Bauprojekte hat der Förderverein vor zehn Jahren zusätzlich eine Stiftung gegründet, um Zoo und Tierpark kontinuierlich fördern zu können. Für Ziolko stellt sich in der augenblicklichen Situation die Frage, »wie der Berliner Zoo, der einmal der reichste Zoo Deutschlands war, in so eine wirtschaftliche Schieflage geraten konnte«.
Fakt ist, dass die derzeitigen Umgestaltungen in Tierpark und Zoo in Kontinent-Bereiche viel Geld verschlingen. Während einige Besucher*innen vermutlich angesichts der riesigen Geldsummen mit dem Kopf schütteln, betonen die Zoo AG und ihr Geschäftsführer Andreas Knieriem immer wieder die Wichtigkeit der Umbaumaßnahmen. »Die Haltungsbedingungen werden den modernen Ansprüchen nicht gerecht«, heißt es.
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Würde der Zoo weitere Aktien ausgeben, sähe Schlüsselburg es gerne, wenn diese vom Senat gekauft würden. Sein Plan: Man könnte den Zoo auf diese Weise zu einem landeseigenen Unternehmen machen. Schlüsselburg hat ausgerechnet, dass die aktuell vom Zoo benötigten 16,5 Millionen Euro einem Stimmanteil von 90 Prozent entsprächen. »80 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sagen: ›klar ist der Zoo ein Berliner Unternehmen‹. Dann soll es auch in der Realität so sein«, argumentiert Schlüsselburg.
Auch der Lichtenberger Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) kann dem Vorschlag seines Parteifreundes viel abgewinnen. »Der Tierpark war immer Volkseigentum, die Menschen haben beim Aufbau selbst Hand angelegt«, sagt er zu »nd«. »Perspektivisch könnte man darüber nachdenken, ob man den Zoo nicht in eine Genossenschaft umwandelt.« Das würde besser passen als eine Aktiengesellschaft, findet er. Seit Jahren versucht er dem in seinem Bezirk gelegenen Tierpark mehr Öffentlichkeit zu verschaffen. Nicht zuletzt durch die Übernahme von Tierpatenschaften. Im Juli übernahm er die Patenschaft für 34 Brillenpinguine, die einige der ersten Bewohner des ersten Teils der 2020 eröffneten Afrika-Landschaft sind.
Hintergrund der Kommunalisierungspläne dürfte auch sein, dass es in der Vergangenheit immer wieder Unstimmigkeiten zwischen Senat und Zoo-Geschäftsführung gab. So hatte der Zoo Anfang des Jahres Gesichtsscanner angeschafft, was in der Koalition aus Datenschutzgründen für Empörung sorgte. Außerdem habe es in der Vergangenheit immer wieder »Probleme mit den Eintrittsprozessen« gegeben, wie Schlüsselburg formuliert. Hintergrund ist, dass die Koalitionsfraktionen gelegentlich Hartz-IV-Empfangende und Familien in der Eintrittspreispolitik benachteiligt sahen.
Die Zoo-Geschäftsführung lehnt allerdings die Ausgabe neuer Aktien ab. Dieser »langwierige und äußerst komplexe Vorgang« sei nicht zu einer schnellen Kapitalhilfe geeignet, erklärt die Pressestelle. Eine Kapitalerhöhung sei »keinem Gremium vermittelbar«. Und weiter: »Auch weil der Zoo Berlin als älteste Aktiengesellschaft der Stadt seit seiner Gründung vor 177 Jahren unabhängig ist, hat er Krisen stets gut überwunden.«
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