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Große Ambitionen
Michel Barnier will für die Republikaner Macron und Le Pen herausfordern
Es sind hohe Ziele, die sich Michel Barnier gesetzt hat: »Ich habe den Anspruch, der Präsident eines versöhnten Frankreichs zu sein«, verkündete der frühere Außenminister und zweimalige EU-Kommissar und Brexit-Chefunterhändler, der nun seine Bewerbung um die Kandidatur für die Republikaner offiziell machte. Bis in den Élysée-Palast ist es allerdings ein weiter Weg. Barnier muss sich gegen die Mitbewerber aus den eigenen Reihen durchsetzen und die zerstrittene Partei einigen, um in den erwarteten Zweikampf zwischen Präsident Emmanuel Macron und der rechten Herausforderin Marine Le Pen eingreifen zu können.
Dafür hat Barnier auch einen Plan: Er rückt nach rechts. So plädierte der 70-Jährige nach der Verkündung seiner Kandidatur in der Zeitung »Le Figaro« für einen vorläufigen Aufnahmestopp für Flüchtlinge und versprach im Falle seines Wahlsiegs ein Referendum über Migration. Das Problem dabei ist: Nach Macrons Wahlsieg hatte ein Rechtsruck zu den Zerwürfnissen bei den Republikanern beigetragen. Doch nur, wenn Barnier es schafft, auch die gemäßigten Konservativen hinter sich zu bringen, kann er vielleicht sein nächstes Versprechen angehen: Frankreich wieder »Respekt zu verschaffen«.
Der dreifache Vater, der als einer von wenigen französischen Spitzenpolitikern kein Absolvent der Kaderschmiede ÉNA ist, sondern einen Abschluss der Business School ESPC hat, beklagt: »Unser Einfluss geht seit rund einem Jahrzehnt zurück, im Gegensatz zu dem Deutschlands.« Vom europäischen Profil hat sich Barnier auch direkt distanziert. Ihm sei bewusst, dass in Brüssel zu viel »Naivität und Bürokratie« herrsche, was »bei den Bürgern oft Unverständnis und Wut« erzeuge.
Gegen Flüchtlinge und die EU zu schießen, mag zwar Barniers Wahlchancen erhöhen, lenkt vom Kern der Probleme jedoch nur ab. Um die Franzosen tatsächlich zu einen, müsste die ungerechte Verteilung von Chancen und Reichtum angegangen werden.
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