Strom und Gas für Libanon

Regierungsdelegation aus Beirut besucht Syrien und Jordanien, um die Energieversorgung zu verbessern

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Libanon braucht Gas und Öl, eine Regierungsdelegation verhandelt deshalb dieser Tage mit Nachbarländern aus der Region. Am Mittwoch wurden in Jordanien Gespräche fortgesetzt, die bereits am Wochenende in Syrien begonnen hatten. Angeführt von der stellvertretenden Ministerpräsidentin, Verteidigungsministerin und geschäftsführenden Außenministerin Zeina Akar, reiste die Delegation am Samstagmorgen nach Damaskus, um über Energielieferungen für den Libanon zu sprechen. Die Gespräche waren vom Chef der libanesischen Sicherheitskräfte, General Abbas Ibrahim, vorbereitet worden. Er begleitete die Delegation, der auch Finanzminister Ghazi Wasni und Energieminister Raymond Ghajar angehörten. Präsident Michel Aoun und der geschäftsführende libanesische Ministerpräsident Hassan Diab hatten die Gespräche per Sonderdekret genehmigt.

Gesprächspartner auf syrischer Seite war Außenminister Faisal Mekdad, der den Strom- und Gaslieferungen zustimmte, die von Ägypten über Jordanien und Syrien in den Libanon gelangen sollen. Am Mittwoch folgte ein weiteres Treffen in Amman, an dem Berichten zufolge die Energieminister des Libanons, Syriens, Jordaniens und Ägyptens teilnahmen. Ergebnisse waren bis Redaktionsschluss nicht bekannt. Die Strom- und Gaslieferungen an den Libanon sollen in vier Wochen beginnen.

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Eine weitere Quelle für die Energieversorgung des Zedernstaates sind neuerdings auch Öllieferungen aus dem Iran, die seitens der libanesischen Hisbollah angekündigt worden waren. Der ehemalige Regierungschef Saad Hariri warnte davor, dass der Libanon damit gegen das US-Caesar-Gesetz verstoßen werde und mit US-Sanktionen bestraft werden könnte. Allerdings wirken sich die einseitig verhängten wirtschaftlichen Strafmaßnahmen und Finanzsanktionen, die von der Europäischen Union und den USA gegen Syrien verhängt wurden, ohnehin auf den Libanon aus. Der erste Öltanker ging bereits vor dem syrischen Hafen Banias vor Anker, um dort das Öl auf kleinere Schiffe umzuladen. Ein zweites Schiff sei unterwegs, hieß es in Medienberichten. Ein dritter Öltanker soll in den nächsten Tagen den Iran in Richtung Levante verlassen.

Dass Strom- und Gaslieferungen nun aus Ägypten über Jordanien und Syrien in den Libanon kommen sollen, hat auch mit der Lage im Südwesten Syriens zu tun. In Deraa konnten die immer wieder aufflammenden Kämpfe unter Vermittlung Russlands mit einem Waffenstillstand beendet werden.

Die bewaffneten Oppositionsgruppen in dem Gebiet werfen Syrien vor, mit iranischen Milizen die Bevölkerung des Ortes zu drangsalieren und auszuhungern. Die syrische Armee hat einen Belagerungsring um den Ort gezogen. Die UN-Organisation für humanitäre Hilfe OCHA bestätigte allerdings am Dienstag eine »relative Ruhe« in dem Gebiet. 36 000 Menschen seien durch die Kämpfe vertrieben worden. Der Konflikt betrifft demnach den alten Teil der Provinzhauptstadt Deraa, genannt Deraa Al-Balad. Dieser Teil von Deraa liegt erhöht über dem Rest der Stadt nahe an der Grenze zu Jordanien. Laut OCHA sollen sich in Deraa Al-Balad 55 000 Personen aufhalten.

Die Stadt ist eng verbunden mit dem Beginn der Unruhen gegen die syrische Regierung 2011, aus dem rasch ein bewaffneter Konflikt wurde. Die konservative Bevölkerung steht in enger Verbindung mit der Bevölkerung im Norden Jordaniens, die der in Syrien verbotenen Muslim-Bruderschaft nahe steht. Die Moschee in Deraa Al-Balad galt 2011 zugleich als Zufluchts- und Mobilisierungsort für die Aufständischen, die aus Jordanien unterstützt wurden.

Deraa Al-Balad liegt am Rande eines Tals, durch das der Fluss Jarmuk auf syrischer Seite von Osten nach Westen zum Jordan fließt. Das landschaftlich schöne und fruchtbare Tal war vor dem Krieg ein beliebter Ausflugsort, wurde aber 2011 zum Aufmarschgebiet bewaffneter Gruppen und der »Freien Syrischen Armee«, die aus dem Militärischen Koordinationszentrum von USA und Nato-Truppen in Amman unterstützt wurden.

Von hier zogen 2012 bewaffnete Gruppen über die UN-Pufferzone der syrischen Golanhöhen nach Norden, mit dem strategischen Ziel, Damaskus vom Süden und Westen her einzukreisen. Die UN-Friedensmission auf den Golanhöhen beobachtete eine Kooperation der Kämpfer mit dem israelischen Militär auf der westlichen Seite der Golanhöhen, die von Israel 1967 besetzt und später annektiert worden war. 2013 wurden vier philippinische UN-Blauhelmsoldaten von den Kämpfern entführt, 2014 sogar eine ganze Einheit von 43 UN-Blauhelmen. Die Rebellen erreichten den Abzug der UN-Blauhelmmission von den Golanhöhen und eigneten sich deren Ausrüstung an.

Die Kontrolle des Jarmuk-Tals und der Grenze zu Jordanien und den israelisch besetzten Golanhöhen ist strategisch wichtig für Syrien und die russische Armee, um den Nachschubweg für bewaffnete Gruppen im Südwesten und entlang der Grenze zu Jordanien zu stoppen. Russland hat seit 2016 wiederholt Waffenstillstände vermitteln können, die aber nie von Dauer waren.

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