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Investieren, bis es läuft
Linke will mit weiteren Milliardenschulden neue Sparjahre vermeiden
»Investieren, bis es läuft, statt sparen, bis es quietscht«, das fordert Kultursenator und Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer am Donnerstag bei seiner Wahlkampftour durch Friedrichshain-Kreuzberg. Fünf bis sechs Milliarden Euro, das hält Linke-Haushaltspolitiker Steffen Zillich für eine realistische Summe, die aufgenommen werden müsste, um die Corona-Finanzdelle auch über das Jahr 2024 hinaus auszugleichen.
»Berlin wird neue Kürzungsjahre nicht vertragen«, sagt Lederer. Wenn Berlin das von Rot-Rot-Grün 2016 ausgerufene Jahrzehnt der Investitionen fortsetzen möchte, sei Kreativität gefragt, erklärt der Spitzenkandidat der Linkspartei für die Abgeordnetenhauswahl.
7,1 Milliarden Euro an Krediten hat die Koalition für die Bewältigung der Folgen der Corona-Pandemie in den zwei 2020 beschlossenen Nachtragshaushalten bewilligt. Dieses Geld wird voraussichtlich mit dem Doppelhaushalt 2022/2023, dessen Entwurf der Senat kürzlich beschlossen hatte, verbraucht sein. »Im Doppelhaushalt 2024/ 2025 ist eine milliardenschwere Deckungslücke«, warnt Lederer.
Investitionen am Bedarf ausrichten
»Wenn wir uns der Realität stellen, müssen wir versuchen, unsere Investitionen am Bedarf ausrichten«, fordert der Linke-Politiker. Er spricht von erheblichem Sanierungs- und Neubaubedarf an Schulen, Kitas, an Polizeiwachen, im Krankenhausbereich, bei Brücken und Straßen. »Die liegen im zweistelligen Milliardenbereich«, so Lederer. Dazu komme noch die Modernisierung der Informationstechnologie-Struktur und die Anpassung an die Klimaveränderungen und den Klimaschutz.
»Es geht darum, in die Zukunft zu investieren«, sagt Martina Regulin, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW Berlin. Wichtig seien nicht nur der Schulbau, sondern auch Renovierungen. »In der Corona-Pandemie haben wir ja gesehen, dass Fenster, die nicht aufgehen, nicht nutzbar sind.« Nötig sei auch eine Ausbildungsoffensive für mehr Lehrerinnen und Lehrer sowie Erzieherinnen und Erzieher in Schulen und Kitas. »Wir müssen dringend da ran, dass die Hochschulen verbindlicher dazu animiert werden.«
»Wir müssen jetzt Rücklagen bilden und einen Investitionsfonds auflegen«, sagt Lederer. Denn wegen der Pandemie sei aktuell die Schuldenbremse ausgesetzt, die den Ländern die Aufnahme neuer Kredite zur Deckung der Haushalte praktisch untersagt. Außerdem sei das Zinsniveau historisch niedrig. »Deswegen müssen wir wie Bundesländer wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen Notagenkredite aufnehmen, die die Handlungsfähigkeit sichern helfen.«
Die Kreditfinanzierung solle außerdem auf die maximale Frist gestreckt werden. Andere Bundesländer haben eine Tilgung in 40 oder 50 Jahren vereinbart, Nordrhein-Westfalen gibt sogar 100 Jahre laufende Anleihen aus. Auch die nur auf 27 Jahre angelegte Tilgungsdauer der bereits vom Parlament bewilligten 7,1 Milliarden Euro will Die Linke »auf den Prüfstand stellen«. Die Kreditlaufzeit ist das Ergebnis eines Koalitionskompromisses, vor allem die Grünen drängten auf kurze Laufzeiten, im Senatsentwurf war eine nur 20-jährige Frist vorgesehen. Der Landesrechnungshof hatte schon die 27-jährige Tilgung als zu lang kritisiert.
Weitere Kredite zur Absicherung ihrer Investitionen sollen nach Vorstellung der Linken die Landesunternehmen aufnehmen. Hier geht es um die sogenannte Hebelwirkung durch Eigenkapitalzuschüsse des Landes an die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Wohnungsbaugesellschaften, die Berliner Wasserbetriebe oder das Krankenhausunternehmen Vivantes. Auf Basis des Eigenkapitals können diese das Mehrfache dieser Summe als Kredit aufnehmen. Die Kapitalzuführungen sollen auch gegen den coronabedingten höheren Zuschussbedarf ausgleichen. »Die BVG wird noch länger weniger Fahrgäste haben, das Messegeschäft wird nicht so schnell wieder auf das alte Niveau kommen«, nennt Lederer Beispiele. Auch die Flughafengesellschaft und die Vivantes-Krankenhäuser hat die Pandemie wirtschaftlich stark getroffen.
»Wir wollen auch die Kreditfinanzierung von Investitionen über öffentliche Unternehmen ausweiten«, sagt Lederer. Das geschieht schon jetzt über die Wohnungsbaugesellschaft Howoge beim Schulbau oder den Bodenfonds für Grundstücke.
Mehr Steuereinnahmen generieren
Die Linke will aber auch auf Landesebene mehr Geld einnehmen. Ein einheitlicher Mindesthebesatz bei der Gewerbesteuer in Berlin und Umland von 300 soll dabei helfen. Allerdings liegt nur noch die Gemeinde Schönefeld mit 240 deutlich darunter. Das lange als Gewerbesteuerparadies geltende Zossen, der Sitz zahlreicher Briefkastenfirmen mit Immobilieneigentum in der Hauptstadt, hat ihn inzwischen von 200 auf 270 angehoben. Mehr Geld dürfte die Verkürzung der Intervalle von Steuerprüfungen bei sehr hohen Einkommen und Unternehmen bringen. »Dazu gehört auch eine verbesserte Ausstattung der Finanzämter«, sagt Lederer. Das lohne sich. »Denn jede Steuerprüfung bei Millionären bringt im Schnitt knapp 52 000 Euro«, sagt Lederer. Auch im Bereich der Geldwäsche brauche es mehr Fahnder.
Der Berliner Linke-Spitzenkandidat verweist auch auf das Einkommensteuerkonzept der Bundespartei, das 37 Milliarden Euro Zusatzeinnahmen für die Haushalte bedeuten würde. Wer bis zu 6500 Euro Bruttoeinkommen monatlich erzielt, soll künftig weniger Steuern zahlen als bisher. Wer mehr verdient, soll stärker zur Kasse gebeten werden.
Klar ist für Lederer auch: »Die Schuldenbremse muss weg. Warum man gerade in einer historischen Niedrigzinsphase öffentliche Haushalte dieses Finanzierungsinstrument nicht nutzen sollten, ist nicht mehr erklärbar.«
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