Ohne Wind keine Klimawende

IG Metall fordert raschen Ausbau der Offshore-Wasserstoffproduktion

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Betriebsräte sehen die Zukunft der Windindustrie in Deutschland so positiv wie nie zuvor. Zu diesem überraschenden Ergebnis kam eine Befragung im Auftrag der IG Metall. Mehr als 60 Prozent erwarten eine positive Marktentwicklung. »Nach erheblichen Rückschlägen in den vergangenen Jahren hellt sich die Stimmung in der Windindustrie auf«, sagte Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, am Mittwoch auf der Messe »Husum Wind 2021«. Grund seien die Klimaschutz-Pläne von Bundesregierung und Europäischer Union, die auf einen erheblichen Ausbau der Windkraft hoffen lassen. Besonders günstig ist die Einschätzung der Betriebsräte für den Offshore-Bereich.

Während an Land der Ausbau weiterhin zögerlich vorangeht, verspürt die Offshore-Industrie nach der Flaute - in diesem Jahr ging keine neue Anlage ans Netz - wieder starken Rückenwind. Gemeinsam mit zahlreichen Branchenverbänden appelliert die IG Metall in einer »Agenda für eine ambitionierte Offshore-Wasserstoffproduktion« an die zukünftige Bundesregierung, die konkreten Voraussetzungen zu schaffen. Friedrich fordert »eine Politik, die nicht nur moderiert, sondern gestaltet«.

Für den langfristigen Erfolg der Energiewende spielt sogenannter grüner Wasserstoff als vielfältig einsetzbarer Energieträger eine Schlüsselrolle - und der Bedarf entwickelt sich rasant. Stahlwerke, Chemie und andere energieintensive Industrien werden bald große Mengen grünen Wasserstoff benötigen. »Damit dieser vor Ort hergestellt werden kann, muss die künftige Bundesregierung die Voraussetzungen für einen ambitionierteren Ausbau der Offshore-Windkraft schaffen«, so Friedrich. Für die Produktion von Wasserstoff könnte Windenergie vom Meer, also »offshore« erzeugt, die wichtigste Stromquelle werden.

Dabei geht es nicht allein um zusätzliche Flächen im »Entenschnabel«, der am Nordwestende der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ - das ist das Meeresgebiet innerhalb der 200-Seemeilen-Grenze, in denen der Küstenstaat das alleinige Recht zur wirtschaftlichen Ausbeutung einschließlich des Fischfangs hat, d. Red.) in der Nordsee liegt. Dort auf See soll dann auch Wasserstoff erzeugt werden. Anders als bei traditionellen Offshore-Windanlagen sind die Genehmigungsgrundlagen für einen Wasserstoff-»Elektrolyseur« aber noch nicht geklärt.

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Die Wasserstoffproduktion soll an eine Pipeline angeschlossen werden, um das Gas an Land zu transportieren. Eine Pipeline wäre in der Lage, so ist aus Husum zu vernehmen, Wasserstoff aus bis zu 20 Gigawatt Leistung kostengünstig zu übertragen. Gleichzeitig könnte die Pipeline als Energiespeicher genutzt werden. Dazu müsste aber unter anderem der Flächenentwicklungsplan für den »Entenschnabel« angepasst werden.

Für Industrie und Gewerkschaft eine mögliche Win-Win-Situation: Deutschland macht sich so unabhängiger von Energieimporten und nutzt gleichzeitig die Chance für mehr Arbeit und Wertschöpfung durch eine eigene Offshore-Wasserstoffproduktion.

Der Abbau von 60 000 Stellen in der Windindustrie in den vergangenen Jahren zeige allerdings, dass dies kein Selbstläufer wird, warnt Ursula Prall von der Stiftung Offshore Windenergie. Sie fordert, wie der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD), bei Ausschreibungen Nachhaltigkeitskriterien einzuführen und nicht allein auf den Preis zu achten.

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Rotorblätter lassen deutsche Firmen nämlich längst auch in Indien bauen. Als wetterfest haben sich hierzulande bislang nur Projektentwicklung und Service erwiesen - also lediglich die Bereiche vor und nach der Produktion. Dies ist das bedenkliche Zwischenergebnis einer Studie der Bremer Agentur für Struktur- und Personalentwicklung über die deutsche Windindustrie, die auf der »Husum Wind 2021« online vorgestellt wurde.

390 Aussteller erwarten in dieser Woche etwa 8000 Fachbesucher an der Nordseeküste. Die »deutsche Windleitmesse« hat grünen Wasserstoff in diesem Jahr zum Sonderthema gemacht. Eröffnet wurde die Messe von Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach. Brandenburg ist das offizielle Partnerland der Messe, auch weil es bei der installierten Windkraftleistung auf Platz 2 aller Bundesländer liegt. Brandenburg ist in der längst bunten Stadt am Meer mit einem 500 Quadratmeter großen Stand vertreten. Die an diesem Freitag endende Windmesse ist nach der IAA in München die erste Präsenz-Fachmesse überhaupt - auch eine positive Nachricht.

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