Die Bundesregierung laviert

Verteidigungsministerium will Pläne zu Abzug der Bundeswehr aus Mali weder bestätigen noch dementieren

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 4 Min.

»Ich atme nur«, gibt Regierungssprecher Steffen Seibert genervt zu Protokoll. Die Stimmung auf der Pressekonferenz der Sprecher*innen der Bundesministerien schwankte vergangenen Freitag zwischen gereizt und gelangweilt. Nach reichlich Lavieren verstieg sich ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bei Fragen zu möglichen Abzugsplänen aus Mali zu einer Formulierung, die seltsamer kaum sein könnte: »Vorweg esoterische Kriterien festzustellen, ist für die Realitäten im Einsatz selten hilfreich«, sagte der Oberst, um damit Fragen nach konkreten Planungen und Maßnahmen für einen Abzug aus Mali abzuräumen.

Seine Chefin, Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU), hatte Ende vergangener Woche mit zwei Mitteilungen auf Twitter über ein mögliches Ende des Bundeswehreinsatzes in Mali die Diskussionen angeheizt. Journalist Hans Jessen ging der seltsamen Äußerung des Bundeswehrobristen nach, wollte wissen, ob »Esoterik« wirklich zu den Dingen gehört, mit denen das Verteidigungsministerium umgeht, wenn es um die Beendigung von Militäreinsätzen im Ausland geht. »Entschuldigung, Herr Seibert«, stellt Jessen konsterniert fest. »Auch Atmer können Aussagen transportieren«.

Das Niveau der Auseinandersetzung um den Einsatz der rund 1700 deutschen Soldat*innen in Mali erreichte damit Ende vergangener Woche seinen Tiefpunkt. Nur wenige Meter vom Haus der Bundespressekonferenz entfernt, in der sich diese Szenen abspielten, informierten fast zeitgleich auf der anderen Seite der Spree das Auswärtige Amt und das Verteidigungsministerium die Obleute des Verteidigungsausschusses. »Die Bundesregierung konnte nicht schlüssig erklären, warum ein Engagement der russischen Söldnertruppe Wagner gegen die Mandatsgrundlage verstoßen würde, denn völkerrechtlich kann eine Regierung jederzeit mit einem anderen Staat oder einem Unternehmen einen Vertrag schließen, ungeachtet der internationalen sicherheitspolitischen Bewertung«, sagte Alexander S. Neu, Linke-Obmann im Verteidigungsausschuss des Bundestages, am Montag gegenüber »nd«.

Mali erlebte in den vergangenen Jahren zwei Putsche, wird derzeit von einer Militärregierung geführt. All das während seit vielen Jahren laufender UN- und EU-Militäreinsätze. Grund für einen Abzug von Truppen waren die Putsche jedoch nie. Nun aber reichen Gerüchte um einen angeblich von Bamako geplanten Einsatz russischer Söldner, um laut über ein Ende des deutschen Engagements nachzudenken.

Den Obleuten im Bundestag präsentierte die Bundesregierung Erkenntnisse, wonach die mit einem Putsch an die Macht gekommene malische Führung um Oberst Assimi Goïta mit russischen Akteuren verhandele. Gegenstand von Gesprächen ist demnach ein Einsatz russischer Söldner der Militärfirma Wagner, bei dem es um Ausbildung und Personenschutz gehen solle.

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Malis Regierung hat die Kritik der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas an den angeblichen Plänen, die Söldnerfirma anzuheuern, vehement zurückgewiesen. Man sei über die Vorwürfe überrascht, da es sich ausschließlich um Gerüchte handele, erklärte die Führung in Bamako am Sonntag.

»Mit der einseitigen Darstellung der angeblichen geostrategischen und ökonomischen Interessen Russlands wurde so getan, als würde der Westen immer nur humanitäre Aspekte im Blick haben«, sagt Alexander Neu. Sein Eindruck ist, dass ein Abzug nicht ernsthaft geplant ist. Die Bundesregierung habe selbst eingeräumt, lediglich eine Drohkulisse aufbauen zu wollen, berichtet der Abgeordnete. Kritik an den Andeutungen Kramp-Karrenbauers übte auch der Obmann der FDP im Verteidigungsausschuss, Alexander Müller. Ein Abbruch der Bundeswehrmission in Mali kommt aus seiner Sicht nur in Frage, wenn der Einsatz der Söldner diese gefährden würde. »Die Geschehnisse der letzten Tage machen deutlich, dass für die Einsätze der Bundeswehr klare Ziele inklusive einer Exit-Strategie formuliert werden müssen«, sagte Müller gegenüber »nd«. Ein zweites Afghanistan-Desaster dürfe es nicht geben.

Die Bundesregierung konnte auf »nd«-Nachfrage am Montag weder eine neue Entwicklung noch für den Fall eines Abzugs aus Mali Perspektiven präsentieren.

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