Linke verliert dramatisch in den Bezirken

Einzig in Lichtenberg stellen die Sozialisten künftig noch die stärkste BVV-Fraktion

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Mammutwahltag am Sonntag hat auch die Mehrheitsverhältnisse in den zwölf Berliner Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) zum Teil deutlich verschoben. Während die Grünen in fünf Bezirken als Sieger aus den Wahlen hervorgingen, musste - insbesondere im Osten der Stadt - Die Linke herbe Verluste einstecken. Sicher scheint: Von den drei bisher von Linken geführten Rathäusern wird die Partei sowohl das in Pankow als auch das in Marzahn-Hellersdorf räumen müssen.

Pankow wird grün, Marzahn schwarz

In Pankow büßten die Sozialisten mit ihrem Bezirksbürgermeister Sören Benn die bisherige Spitzenposition ein und landeten mit 19,4 Prozent (-1,7) auf Platz 2 hinter den Grünen, die auf 24,7 Prozent (+4,1) zulegten und wohl mit Cordelia Koch die nächste Rathauschefin stellen können. Bitter für die Sozialisten ist zudem die Niederlage in Marzahn-Hellersdorf. In ihrer einstigen Hochburg - 2001 holte die PDS hier noch 51 Prozent - setzte Die Linke ihren Sturzflug der vorangegangenen Wahlen fort. Mit 19,9 Prozent (-6,1) fällt die Partei nun sogar hinter die SPD mit 20,3 (+2) und die CDU mit 20,8 Prozent (+3,5) zurück. Die Konservativen könnten jetzt mit ihrer Wirtschaftsstadträtin Nadja Zivkovic erstmals in der Geschichte des Bezirks die Bürgermeisterin stellen. Juliane Witt, die Spitzenkandidatin der Marzahn-Hellersdorfer Linken, zeigt sich dann auch enttäuscht. Mit fast 20 Prozent liege die Partei zwar immer noch deutlich über dem Landesergebnis, aber eben auch »unter unseren Erwartungen«, so Witt.

Lichtenberg bleibt links

Stärkste Kraft blieben die Sozialisten am Sonntag - trotz starker Verluste - allein in Lichtenberg, wo sie 24,8 Prozent (-5) erzielten, gefolgt von der SPD mit 19,6 (-2), der CDU mit 13,2 (+0,5) sowie den Grünen mit 13 Prozent (+4,8). Und allein in Lichtenberg dürfte Die Linke mit Amtsinhaber Michael Grunst auch den neuen Bürgermeister stellen. »Wir werden uns jetzt die Ergebnisse noch einmal ganz genau ansehen, insbesondere die Verluste, die wir in manchen Gebieten von Hohenschönhausen verkraften mussten«, sagt Grunst zu »nd«. Letztlich, so der Linke-Politiker, seien wohl aber insgesamt im Bezirk »auch bei uns die Trends im Bund und Land durchgeschlagen«. So sei es »den Grünen gelungen, kurz vor der Wahl noch einmal massiv Wählerinnen und Wähler zu mobilisieren, die keine Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey haben wollten«.

Tatsächlich sind die Grünen die großen Gewinner im Kampf um die Rathäuser in den Berliner Bezirken. In gleich fünf Bezirken könnten sie wie nun neu in Pankow und bislang schon in Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte künftig die Bürgermeisterin oder den Bürgermeister stellen. In ihrer Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg kommt die Ökopartei mit Clara Herrmann an der Spitze auf 34,6 Prozent (+1,9), weit vor der Linken, die hier aber trotzdem bei beachtlichen 21,6 Prozent (+0,8) liegt. Auch in Mitte räumen die Grünen ab und werden mit 28,5 Prozent (+4,6) stärkste Kraft in der BVV, gefolgt von der SPD mit 18,5 (-5,3) und der Linken mit 16,8 Prozent (-1,1). Der bisherige Bürgermeister Stephan von Dassel von den Grünen dürfte damit auch der künftige sein.

Bewegung gibt es dagegen in Tempelhof-Schöneberg, wo die Grünen mit Baustadtrat Jörn Oltmann mit 23,6 Prozent (+1,7) knapp vor der SPD landen, die bislang die Bürgermeisterin stellte und nun auf 23,5 Prozent (-1,2) kommt. Etwas klarer noch ist der Abstand zwischen den beiden Parteien in Charlottenburg-Wilmersdorf. Hier holen die Grünen 24,8 Prozent (+5) und lösen die SPD, die nun bei 22,2 Prozent (-2,9) liegt, als stärkste Kraft in der BVV ab. Wer nun Charlottenburg-Wilmersdorfer Bürgermeisterin oder Bürgermeister wird, steht gleichwohl noch nicht fest, da die Grünen mit einem Trio angetreten sind und erst nach der Wahl entscheiden wollten, wer im Falle eines Sieges das Bezirksamt anführen soll.

Absturz der AfD auch in den Bezirken

Und noch ein Ergebnis hat die BVV-Wahl gebracht: Für die AfD ging es in allen Bezirken gleichermaßen steil bergab. In der Regel verlor die Rechtsaußenpartei zwischen 5 und 7 Prozent. Selbst in ihrer Hochburg Marzahn-Hellersdorf musste die AfD kräftig Federn lassen und landete bei 16,9 Prozent (-6,3). Auch in Lichtenberg ging es runter auf 12,9 Prozent (-7,2). »Das ist immer noch viel zu viel«, sagt Lichtenbergs Bürgermeister Grunst.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!