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Späte Anerkennnung für die Yaquí
Mexikos Präsident entschuldigt sich für einen Völkermord im Schatten der Revolution
Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador kam nicht mit leeren Händen nach Vicam. Die kleine Stadt im Norden Mexikos gilt als Hauptstadt der indigenen Yaquí. Hier im Bundesstaat Sonora befindet sich das Siedlungsgebiet der Yaquí. Dort fand am Dienstag der feierliche Akt statt, in dem López Obrador im Namen des mexikanischen Staates um Entschuldigung bat. Entschuldigung für den Genozid an einem Volk, das nicht so wollte wie der damalige autokratisch regierende Präsident Porfirio Díaz (1884 bis 1911). Die Yaquí wehrten sich gegen die Übernahme ihres fruchtbaren Landes an und um den Río Yaquí, gegen die Übernahme ihrer Wasserrechte in der trockenen und bis heute intensiv bewirtschafteten Region.
Ende des 19. Jahrhunderts verfolgte die mexikanische Armee die Yaquí, raubte ihr Land, versklavte Tausende und führte einen blutigen Krieg gegen die Yaquí-Guerilla. Viele flohen ins nahe gelegene Arizona, um dort nach Unterstützung und vor allem nach Waffen zu suchen. Oft ohne großen Erfolg, aber der Widerstand der ursprünglich rund 30 000 Yaquí hielt lange an, obwohl mindestens 15 000 Menschen in den 20 bis 30 Jahren der massiven Verfolgung starben, so López Obrador in seiner Rede am Dienstag. 3000 Hektar Land übertrug er den Yaquí und auch Wasserrechte und den Trinkwasseranschluss sollen sie erhalten. Zudem soll ein Entwicklungsprogramm zur Verbesserung von Gesundheit und Bildung auf den Weg gebracht werden – als Teil vom »Plan für Gerechtigkeit für das Volk der Yaquí«, wie es offiziell heißt.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Zum Katalysator für Erinnerung wurde dabei der mexikanische Schriftsteller Paco Ignacio Taibo II. mit seinem Buch »Die Yaquí: indigener Widerstand und ein vergessener Völkermord«. Bei der Recherche in Archiven war der heute 72-jährige linke Historiker und Romancier zufällig auf die Geschichte der Yaquí gestoßen. »Gerade weil die Geschichte im Zuge der Revolution von 1910 komplett vergessen wurde, freue ich mich, sie wieder sichtbar gemacht zu haben«, so der linke Intellektuelle, der ständig auf der Suche nach den kleinen oder großen Geschichten ist, aus denen sich lernen lässt. Aus der der Yaquí lässt sich einiges lernen und genau deshalb ist Paco Ignacio Taibo II gleich mehrfach ins Yaquí-Gebiet gefahren – sowohl auf Spurensuche aber auch um die Gobernadores, die Regierenden der Ethnie, um Erlaubnis zu fragen, deren Geschichte niederzuschreiben. Die erhielt er. Dem Historiker wurden zudem die Ältesten zur Seite gestellt, um die Geschichte so gut wie möglich auszuleuchten. Dadurch und durch Recherche in Mexikos Archiven hat Taibo II den Genozid im Schatten der mexikanischen Revolution nachgezeichnet. Kaum mehr als 7000 der mehr als 30 000 Yaquí überlebten den Genozid – damals verstreut über Bundesstaaten wie Yucatán und Oaxaca, wohin sie aus ihrem Siedlungsgebiet deportiert worden waren.
Heute leben sie wieder am Río Yaquí, wo es acht Ortschaften gibt, wo die rund 30 000 Menschen der indigenen Ethnie leben und vor allem vom Getreide und Baumwollanbau leben. Dabei wird nicht auf den individuellen, sondern auf den kollektiven Landbesitz gesetzt. Gemeinschaftsküchen, der gemeinsame Anbau und die gemeinsame Verteidigung ihrer Kultur und ihres Territoriums ziehen sich als Konstante durch die Geschichte der Ethnie, die Paco Ignacio Taibo II von 1533 bis 2016 rekonstruiert hat. Immer wieder geriet die Ethnie dabei ins Visier lokaler oder externer Eliten. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Derzeit sind es die Drogenkartelle, die in der Region um die Provinzstadt Ciudad Obregon für Unsicherheit sorgen. Wie die Regierung den zunehmenden Terror in der Region beikommen will, blieb bei der Visite von Lóepz Obrador offen. Zehn Yaquí waren erst im Juli spurlos verschwunden – die Leichen von fünf von ihnen wurden einen Tag vor der Präsidentenvisite gefunden.
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