»Pandora Papers« enthüllen heimliche Offshore-Geschäfte zahlreicher Politiker

An der Auswertung der »Pandora Papers« waren rund 600 Journalisten in 117 Ländern beteiligt

  • Lesedauer: 4 Min.

München. Ein neues Steueroasen-Leak des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ belastet hunderte Politiker und andere Entscheidungsträger weltweit, darunter Tschechiens Regierungschef, Zyperns Präsidenten und den jordanischen König. Das International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) veröffentlichte am Sonntagabend mit Medien wie der »Süddeutschen Zeitung« einen Teil der Rechercheergebnisse zu den sogenannten »Pandora Papers« über heimliche Geschäfte von mehr als 330 Politikern und Amtsträgern mit Briefkastenfirmen in fast hundert Ländern. Ob die Verstrickungen illegal sind, müssen allerdings die Behörden im Einzelfall prüfen.

An der Auswertung der »Pandora Papers« waren rund 600 Journalisten in 117 Ländern beteiligt. Nach Angaben des ICIJ wurden 11,9 Millionen geleakte Dokumente ausgewertet, »die jeden Winkel der Welt abdecken«. In Deutschland beteiligten sich neben der »Süddeutschen« auch NDR und WDR an den monatelangen Recherchen.

Nach Angaben der Medien stammen die Daten - insgesamt knapp drei Terrabyte - von 14 Unternehmen, die Offshore-Geschäfte anbieten. Von den fast tausend Briefkastenfirmen wurden mehr als zwei Drittel auf den britischen Jungferninseln eingerichtet.

Laut NDR tauchten in den Unterlagen 35 amtierende und frühere Staatslenker auf. Der heutige tschechische Ministerpräsident Babis soll über Briefkastenfirmen im Jahr 2009 weitgehend anonym ein Landschloss in Südfrankreich für mehr als 15 Millionen Euro erstanden haben. Für ihn ist der Zeitpunkt der Veröffentlichung besonders brisant, weil in Tschechien am Freitag und Samstag ein neues Parlament gewählt wird.

Babis bezeichnete die Enthüllungen auf Twitter als Verleumdungsversuch zur Beeinflussung der Wahl. »Ich habe nie etwas Illegales oder Falsches getan«, schrieb er weiter.

Die »SZ« zitierte Kamil Kouba, einen ehemaligen tschechischen Ermittler im Bereich Finanzkriminalität, wonach es bei Babis' Kauf des Schlosses wohl »nicht um die Optimierung der Steuerpflicht oder den Schutz der Privatsphäre« gegangen sei. »Die Person, die hinter dem ganzen Plan steckt, hat eine falsche Geldquelle geschaffen, damit nie herausgefunden wird, woher das Geld tatsächlich stammt«, sagte der Experte. »Das ist wie aus einem Lehrbuch für Geldwäsche.«

In den Unterlagen sind den Recherchen zufolge auch zahlreiche Namen von engen Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin als Begünstigte von Briefkastenfirmen aufgeführt. Hier gehe es wohl in erster Linie darum, die Herkunft des oft immensen Reichtums der Offshore-Kunden zu verschleiern, schreibt die »SZ«. Auch etwa der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie Kenias Staatschef Uhuru Kenyatta tauchen als Nutzer von Offshore-Firmen auf.

Jordaniens König Abdullah II. soll laut den »Pandora Papers«-Recherchen mindestens rund 30 Offshore-Firmen in Steueroasen genutzt haben, um 14 Luxusanwesen in den USA und Großbritannien zu kaufen. Der Präsident des EU-Landes Zypern, Nikos Anastasiadis, war demnach selbst im Offshore-Geschäft tätig mit einer Kanzlei, die mittlerweile von seinen Töchtern geführt wird.

Die »SZ« betonte, dass Geschäfte in Steueroasen nicht per se verboten sind und sehr viele bei den Recherchen zutage getretenen Geschäfte »absolut legal« zu sein scheinen. Illegal sei es aber etwa, wenn steuerpflichtige Einnahmen in Steueroasen dem heimischen Finanzamt nicht gemeldet werden.

Pikant dürften die Recherchen für Politiker und Entscheidungsträger sein, die sich gerne als Gegner von Steueroasen hinstellen - so wie der ehemalige britische Premier Tony Blair. Er hat nachweislich legal die Zahlung von Stempelsteuern für eine millionenschwere Immobilie in London vermieden, indem er und seine Frau einfach die Offshore-Firma kauften, der das Anwesen gehörte.

In den Recherchen tauchten auch viele Prominente wie etwa das das deutsche Model Claudia Schiffer, Ex-Beatle Ringo Starr und Popstar Shakira auf. Schiffer und Shakira verwiesen laut »SZ« darauf, dass sie sich an sämtliche Gesetze und Vorschriften gehalten hätten. Ringo Starr antwortete demnach nicht auf eine Anfrage der Journalisten.

Die Regierung von Panama hatte bereits vor der Veröffentlichung der Pandora Papers vor schweren Schäden für das Image des Landes wie infolge der Panama Papers 2016 gewarnt. Eine ICIJ-Auswertung von mehr als elf Millionen interner Dokumente der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca enthüllte ein ausgeklügeltes System zur globalen Steuervermeidung.

Nach der Veröffentlichung mussten etliche Politiker - darunter der damalige isländische Regierungschef Sigmundur Gunnlaugsson und der pakistanische Premierminister Nawaz Sharif - zurücktreten. Weltweit wurden tausende Ermittlungsverfahren eingeleitet. AFP/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -