Und täglich grüßt der Judenhass

Für Christian Klemm ist Deutschland eine Hochburg des Antisemitismus

Wer in Deutschland den Davidstern offen zeigt, der lebt gefährlich. Beleidigungen, Spuckattacken oder Schläge – das sind Dinge, die Jüdinnen und Juden beinahe täglich in Deutschland ertragen müssen. Beinahe täglich? Genau so ist es! Alleine für den Monat September zählt die Amadeu Antonio Stiftung 16 antisemitische Vorfälle; im laufenden Jahr sind es bisher 234. Das meiste davon sorgt für keine Schlagzeilen, wird vor allem in den Randspalten der Zeitungen oder unter der Rubrik »Lokales« vermeldet. Oder hat irgendwer außerhalb Hessens mitbekommen, dass am 20. September ein 27-jähriger Mann in Offenbach vier Menschen judenfeindlich beschimpft und einen davon getreten hat?

Dass jetzt der jüdische Popsänger Gil Ofarim nicht in ein Leipziger Hotel einchecken durfte und daraufhin ein Aufschrei von Empörten durch die gesamte Republik hallte, ist deshalb Segen und Fluch zugleich: Segen deshalb, weil dadurch angedeutet wird, dass Deutschland eine Hochburg des Antisemitismus ist; und Fluch, weil dieser Judenhass auch mehr als 75 Jahre nach dem Massenmord an sechs Millionen Juden und Jüdinnen allgegenwärtig ist.

Wenn der Landtag in Brandenburg den Schutz jüdischen Lebens als Staatsziel in der Verfassung verankern will, dann ist das nicht mehr als ein Teil in einem Puzzle, an dem noch Jahre gearbeitet werden muss, damit daraus ein schlüssiges Gesamtbild entsteht. Denn Antisemitismus ist kein Problem von »Arabervierteln« und zugewanderten Muslimen, wie es rechte Hetzer mit oder ohne AfD-Parteibuch immer behaupten. Antisemitismus ist in Deutschland allgegenwärtig – das aber wird oft geleugnet oder nicht erkannt (Stichwort »Judenwitze«). Wem das klar ist, der ist auf einem guten Weg, Teil der Lösung zu werden. Wem nicht, der ist Teil des Problems.

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