- Politik
- Österreich
Schattenmann
Alexander Schallenberg wird Nachfolger von Sebastian Kurz
Der designierte österreichische Bundeskanzler Alexander Schallenberg ist einer, dem die Jobs zuzufallen scheinen. Als Spross einer adeligen Familie, geboren 1969 in Bern, war er seit 1997 im Außenministerium in Wien tätig. Lange Jahre war er der Pressemann hinter Außenministern. Schallenberg, das war ein Kontinuum im Außenministerium. Minister wechselten, Schallenberg blieb. Am Montag soll Schallenberg zum Kanzler ernannt werden.
Bis 2013. Da begann sein Aufstieg. Erst wurde er unter Außenminister Sebastian Kurz Leiter der Stabsstelle für strategische außenpolitische Planung, 2016 übernahm er die Leitung der Europasektion, 2017 war er Verhandler der ÖVP in den Gesprächen mit der FPÖ und schließlich wechselte er mit Kurz’ erster Kanzlerschaft ins Bundeskanzleramt. Ein Aufstieg hinter den Kulissen also. Als eines galt Schallenberg dabei allerdings nie: als Teil der Kurz-Bubentruppe.
Auf die große politische Bühne trat Schallenberg erst nach Veröffentlichung des Ibiza-Videos. Als politisch eher wenig profilierter Fachbeamter wurde er Außenminister in der Expertenregierung nach Zerfall der ÖVP-FPÖ-Regierung. Denn Schallenberg ist einer, mit dem alle politischen Lager leben konnten. Ein Kompromiss.
Was die Parteilinientreue angeht, so hat sich Schallenberg sehr wohl auf die Kurz-Linie einkalibriert. Schallenberg ist ein intelligenter Mann, der weiß, was realpolitisch möglich ist - und was nicht. Dennoch trug er bis zuletzt etwa die Linie des Kanzlers mit, dass man abgelehnte Flüchtlinge nach Afghanistan abschieben werde - bis zu einem Zeitpunkt, an dem es keine Linienflüge nach Kabul mehr gab. Oder in Zusammenhang mit dem Brand im Flüchtlingslager Moria, wo Schallenberg in Beamtenmanier eher ungelenk die Kurz-Linie mittrug. Das »Geschrei um Verteilung« sei keine Lösung, sagte er.
All das hatte mit dem Schallenberg, der auch nach dem dritten Bier geschliffen formulieren und abwägen kann, nichts mehr zu tun. Genau das ist es, was Zweifel aufkommen lässt, dass er als Chef einer Regierung mit Kurz als Partei- und Fraktionschef ein eigenes Profil wird entfalten können.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.