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UN-Konferenz soll Artenschutz voranbringen
Umweltverbände fordern Weltgemeinschaft auf, naturschädigende Subventionen zu beenden
Was Paris für den internationalen Klimaschutz ist, soll das chinesische Kunming für den Artenschutz werden. Mit dieser Erwartung blicken nicht nur Umweltverbände auf die am Montag eröffnete 15. Weltnaturkonferenz, auf der ein neues Abkommen mit Zielen bis 2030 für den Schutz der natürlichen Vielfalt vereinbart werden soll.
Auch Entwicklungsminister Gerd Müller hofft auf den »großen Durchbruch«. Der CSU-Politiker wird das Abkommen allerdings nicht mehr als Minister erleben. In dieser Woche findet ein erster Teil wegen der Corona-Pandemie virtuell statt, erst im Frühjahr 2022 wollen die Staaten – dann in Präsenz – ein neues Abkommen verabschieden. Dabei mahnt Müller: »Wir haben keine Zeit zu verlieren. Jeden Tag sterben 150 Arten aus. Die Weltgemeinschaft muss endlich an einem Strang ziehen.« Je mehr natürliche Lebensräume vernichtet würden, umso größer sei auch die Gefahr, dass weitere Viren vom Tier auf den Menschen überspringen und schwere Krankheiten auslösen. »Covid-19, Ebola oder Aids müssen uns Warnung sein, den Schutz der Artenvielfalt weltweit zur Chefsache zu machen.« Vom Gastgeber China erwartet Müller eine »Führungsrolle«.
Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), die die deutsche Delegation leitet, spricht von einer »kritischen Lage«. »Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit hat unser Planet in so kurzer Zeit so viele Arten unwiederbringlich verloren. Im Schnitt verschwindet alle zehn Minuten eine Art. Der Verlust an biologischer Vielfalt hat längst auch wirtschaftlich gravierende Folgen.« Sie sieht die »Chance auf einen Neustart« und fordert, »ein Jahrzehnt der Renaturierung« einzuleiten. Dafür sollen zerstörte Ökosysteme renaturiert werden. Für Deutschland heißt das etwa: Die Auen einst begradigter Flüsse werden renaturiert, trockengelegte Moore wieder vernässt, Fichtenforste wieder zu naturnahen Mischwäldern umgebaut.
Schulze wie auch Müller fordern, 30 Prozent der Fläche an Land und im Meer sollen bis 2030 zu Schutzgebieten werden – immer unter Einbindung der Bevölkerung. Das entspräche etwa einer Verdoppelung der Schutzfläche an Land, einer Vervierfachung auf dem Meer. Zudem müssten konkrete Reduktionsziele vereinbart werden, etwa für Überdüngung, Pestizide oder Plastikmüll.
Auch Umweltverbände fordern, bis 2030 mindestens 30 Prozent der Landes- und Meeresfläche unter Naturschutz zu stellen, und mahnen besonders das Einvernehmen mit der örtlichen Bevölkerung an. »Menschenrechte und Naturschutz dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden«, so Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz.
So harmonische Einigkeit auch beim Ziel zu herrschen scheint, offenbart die Frage der Finanzierung wieder mal die Unterschiede. So forderte Müller die Industrieländer auf, ihre Mittel zum Erhalt der Biodiversität in Entwicklungs- und Schwellenländern zu verdoppeln. Als deutschen Beitrag für die kommende Legislaturperiode schlug er eine Milliarde Euro jährlich vor, sieht das Land aber generell in einer Vorreiterrolle. Darüber hinaus müsse die Privatwirtschaft an der Finanzierung von Artenschutz beteiligt werden. Schulze spricht dagegen nur von einer »passenden Finanzierung, die weit über die Umweltministerien hinaus« erfolgen müsse.
Umweltverbände fordern in einem gemeinsamen Papier von der Bundesregierung, den Beitrag zur internationalen Biodiversitätsfinanzierung auf mindestens zwei Milliarden Euro pro Jahr zu erhöhen. Noch klaffe global eine gewaltige Lücke von geschätzten 700 Milliarden Euro, so die Verbände. »Industrienationen wie Deutschland haben mit ihrem enormen ökologischen Fußabdruck eine besondere globale Verantwortung und müssen auch andere Länder beim Schutz der Artenvielfalt unterstützen.«
Aktuell beteiligt sich Deutschland demnach jährlich mit rund 800 Millionen Euro an internationalen Arten- und Naturschutzprojekten. Dem gegenüber stehen Ausgaben von rund 67 Milliarden Euro, die die Natur schädigen. »Diesen Betrag gibt Deutschland jedes Jahr zu Hause für umwelt- und naturschädigende Subventionen aus, wie in der Landwirtschaft und der Fischerei«, kritisieren die Umweltverbände. Auch internationale Handelsabkommen wie zwischen der Europäischen Union in den Mercosur-Staaten müssten gestoppt werden. »Steuergelder sollten eine naturfreundliche Nutzung von Land- und Meeresökosystemen im In- und Ausland fördern, statt weiterhin Ökosysteme zu zerstören.«
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