Politik ist Medizin im Großen

Charité will nach dem Vorbild Rudolf Virchows gesellschaftliche Verantwortung übernehmen

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

Viel los ist nicht an diesem Dienstagnachmittag bei der Eröffnung der Pop-up-Ausstellung »Der Zellenstaat. Rudolf Virchow und die Charité der Zukunft« in dem kleinen Container im nördlichen Teil des Charité-Campus in Mitte. Das geringe Besucher*innenaufkommen - etwa 20 sind anwesend - dürfte allerdings vor allem den coronabedingten Hygienemaßnahmen geschuldet sein, weniger dem Thema der Ausstellung. Anlass der neuen Schau des Medizinhistorischen Museums und des Geschäftsbereichs Strategische Entwicklung der Charité ist der 200. Geburtstag des Mediziners Rudolf Virchow an diesem Mittwoch.

»Die Ideen, die Virchow vor so langer Zeit schon hatte, sind noch immer höchst relevant, und an deren Umsetzung arbeiten wir noch heute«, sagt Axel Radlach Pries. Der Dekan der Charité-Universitätsmedizin spricht in seiner Rede einige Kernpunkte aus Virchows Schaffen an. So habe Virchow die sozialpolitische Dimension der Gesundheitsversorgung im Blick gehabt und sich politisch eingesetzt, zum Beispiel für die Versorgung der Berliner Stadtbevölkerung mit sauberem Trinkwasser. »Rudolf Virchow sagte, die Medizin sei eine soziale Wissenschaft und Politik sei Medizin im Großen«, so Dekan Radlach Pries. »Uns geht es auch in unserer Strategie 2030 darum, im Sinne Virchows gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen.«

Die Ausstellung beschreibt, wie der Mediziner Rudolf Virchow 1848 zum Revolutionär wurde, als er in Oberschlesien das durch die Hungertyphus-Epidemie verursachte Elend miterlebte. »Bildung, Wohlstand und Freiheit sind die einzigen Garanten für die dauerhafte Gesundheit eines Volkes«, lautete eine Schlussfolgerung Virchows, die auch als Zitat in der Ausstellung auftaucht.

Die sozioökonomische Situation beeinflusst erwiesenermaßen auch heute die Gesundheit von Menschen, erklärt Sinje Gehr, Mitarbeiterin im Geschäftsbereich Strategische Entwicklung der Charité und Mitkuratorin der Ausstellung. »Menschen, die von Armut betroffen sind, haben eine schlechtere Gesundheit, und ihre Lebenserwartung ist durchschnittlich um neun Jahre geringer«, sagt sie zu »nd«.

Die Charité wolle daher soziale Innovationen zur Verbesserung der Lebensqualität anstoßen und dazu beitragen, Menschen länger gesund zu halten. »Wir wollen die Themen Prävention, Gesundhaltung und soziale Stadt neu denken«, sagt Mitkuratorin Gehr. So soll zum Beispiel auch mit Wissenschaftler*innen aus der Klimaforschung, der Stadtentwicklung und der sozialen Arbeit zusammengearbeitet werden, um herauszufinden, welche »zivilisatorischen, welche umweltbedingten Einflüsse die Menschen krank machen«, sagt Gehr.

Die »städtebauliche Masterplanung« für die »Charité der Zukunft« stellt Jochen Brinkmann, Leiter des Geschäftsbereichs Bau der Charité, während der Ausstellungseröffnung vor. An den drei Hauptstandorten des Universitätsklinikums sollen bis 2050 neue Häuser und mehr Räumlichkeiten entstehen, um den wachsenden Flächenbedarf für die Krankenversorgung, Lehre und Forschung zu gewährleisten.

Dort, wo sich aktuell der Ausstellungsraum befindet, soll ein Eingang Nord für den Campus Mitte gebaut werden. Zunächst aber können sich hier noch bis zum 20. Februar Besucher*innen die Ausstellung täglich von 10 bis 18 Uhr anschauen, der Eintritt ist frei.

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