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Das Vermächtnis der Klimabewegung
Fridays for Future und andere haben den Klimawandel ins politische Bewusstsein gerückt. An Themenmangel werden sie dennoch nicht leiden
Die Zeit um die Bundestagswahl 2021 ist eine spannende Zeit für Klimabewegte. Vor etwa drei Jahren begann mit Fridays for Future (FFF) eine neue Ära von Klimaprotesten: Gemeinsam läuteten der Schulstreik, neue Waldbesetzungen gegen Autostraßen, Blockaden in Berlin, Aktionen in Kohlegruben und viele weitere Aktionen eine neue Welle des Protests gegen den Klimawandel ein – und neue Aufmerksamkeit. Die kürzliche Bundestagswahl war die erste seit dem Aufkommen der »neuen Klimabewegung« und bietet somit eine Möglichkeit, die realpolitischen Ergebnisse der Bewegung festzuhalten.
Allerdings ist es schwer, eine direkte Korrelation zwischen Protest und politischen Folgen nachzuweisen. Woher wissen wir, dass das Grünen-Rekordergebnis eine Reaktion auf die Proteste war und nicht an etwas anderem lag? Hier kann ein Ländervergleich helfen: In den USA hat FFF nicht so sehr durchgeschlagen wie in Deutschland. Abgesehen von der schon länger existierenden Bewegung Sunrise Movement – verkörpert von der Demokraten-Politikerin Alexandria Orcasio-Cortez, mit der Forderung nach guten Jobs und sozial gerechten Maßnahmen gegen den Klimawandel – gibt es dort keine nennenswerte Bewegung für Klimathemen. Aktuell versucht Bernie Sanders, im Senat ein entscheidendes Klimabudget durchzudrücken. Ursprünglich sollte es auch einen Beschluss über den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas enthalten – dieser Teil wurde aber gestrichen, nachdem klar wurde, dass der aktuelle Senat das niemals befürworten würde.
Was vom radikaleren Entwurf blieb, sind vor allem massive Investitionen in Elektrofahrzeuge – was dem Klima de facto wenig bringt, solange die Energie dafür aus fossilen Brennstoffen kommt. Nicht zu vergessen die hohen CO2-Kosten bei der Herstellung größerer Autos und die soziale Problematik bei der Gewinnung endlicher Materialien wie Lithium. Eine Antriebswende bringt alleine deswegen nichts, weil sie nichts an der mit Autos verknüpften Infrastruktur und der Zerstörung von Naturflächen ändert. In den USA braucht man gar nicht erst anzufangen, über das Problem mit elektrischen Autos als Klimamaßnahme zu reden – außer man möchte schief angeschaut werden.
Anders die Lage in Deutschland. Hier ist zumindest großen Teilen der Klimabewegung klar, dass elektrische Autos nicht allein die Lösung sein können. Auch wenn die Kritik an ihnen noch nicht Mainstream ist, haben die Forderungen der Klimabewegung in den letzten drei Jahren einen sichtbaren Eindruck in der Politik hinterlassen: Alle Parteien im Bundestag sagen in ihrem Programm etwas zum Klimawandel. Was genau, ist eine andere Frage. Aber Tatsache ist, dass in Deutschland das Klimathema höchst relevant ist. Keine Partei, mit Ausnahme der AfD, stellt den menschengemachten Klimawandel noch in Frage, alle wollen etwas auf ihre Art tun – anders als der US-Kongress, wo sich immer noch 139 Abgeordnete weigern, wissenschaftliche Beweise für den Klimawandel anzuerkennen. Aber heißt das, dass die Klimabewegung in Zukunft in Deutschland keine Rolle mehr spielen wird?
Vieles spricht dafür, dass sich die Bewegung um Themenknappheit keine Sorgen machen muss. Denn sowohl bei politischen Entscheidungen zum Klimawandel als auch beim Erfolg der FDP bei Erstwähler*innen geht es vor allem um Scheinlösungen. Sinnbild dafür ist die wahrscheinliche Beteiligung der FDP an der künftigen Regierung, wenn auch Grüne und natürlich die SPD zu Scheinlösungen für den Klimawandel neigen: bei der SPD sichtbar in der langen Verweigerung eines früheren Kohleausstiegs, bei den Grünen u.a. in der Bereitschaft, auch mal einen Mischwald samt seiner Biodiversität für eine nicht benötigte Autobahn zu roden.
Politiker*innen haben in den letzten Jahren gelernt, Sonntagsreden zum Klimawandel zu schwingen und nicht nur im übertragenen Sinne mit Fridays-for-Future-Kids zu posieren. Aber technische Lösungen wie CO2-Speicherung in der fernen Zukunft oder gar Technologien, die die FDP verspricht, aber noch nicht mal erfunden sind, sind kein Freifahrtschein für heutiges Nichtstun. Das wäre ebenso fatal wie ein Aus für Verbrennermotoren, solange die Energieversorgung statt auf erneuerbare Energien einfach auf Gas umgestellt wird.
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