Die demolierte Kandidatin

Franziska Giffey hat Schiffbruch in der Koalitionsfrage erlitten

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Franziska Giffey hat die Machtprobe in ihrer Partei eindeutig verloren. Mit ihrer öffentlich verkündeten Präferenz für eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hat sie sich unnötig in eine Zwangslage gebracht, aus der sie nun eindeutig nicht als strahlende Siegerin hervorgeht. Natürlich war die Alternative zur Koalition mit der Linken auch ein Druckmittel in den Sondierungen, um möglichst viel in den Koalitionsgesprächen für die SPD herauszuholen, die nun mal auch kein berauschendes Ergebnis verbuchen konnte. Zwar hat sie die meisten Stimmen geholt, aber eben zugleich das schlechteste Nachkriegsergebnis für die SPD in Berlin eingefahren. Im Bund hatten die Sozialdemokraten sich gegenüber 2017 deutlich verbessert, in Berlin ging der Wählerzuspruch noch einmal marginal nach unten im Vergleich zur Abgeordnetenhauswahl 2016.

Es klingt schon fast höhnisch, wenn Giffeys Co-Landesvorsitzender Raed Saleh auf der Pressekonferenz, bei der der Kurs Rot-Grün-Rot verkündet wird, von einem »starken Berlin mit einer starken Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey« spricht, nachdem er es zuvor als dumm bezeichnet hatte, wenn man von Anfang an sage, wo man hinsondiert.

Auffällig deutlich loben hingegen die Grünen die mögliche künftige Regierende, vermeiden nach außen hin den Anschein jeglicher Demütigung. Und Die Linke gibt sich einfach nur erfreut. Andere Regierungsoptionen hatte sie ja nicht. Wie beweglich die eindeutig schwächer gewordenen Sozialisten in den Verhandlungen gerade auch um die Posten waren, muss sich noch zeigen. Denn Giffey hatte mehr als einmal das Stadtentwicklungsressort für die SPD reklamiert.

Es wäre gut, wenn Giffey vor allem die dringend nötige Verwaltungsreform zur Chefinnensache machen würde. Das kann nur im Sinne der progressiven Kräfte sein. Ob eine so geschwächte Politikerin eine neue Koalition gut zusammenhalten kann, muss sich noch erweisen.

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