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Treu, aber frei
Anne Hidalgo will für die Sozialistischen Partei erste Präsidentin werde
Das Pariser Bürgermeisteramt als Sprungbrett in den Elysée? Anne Hidalgo will es versuchen. Am Donnerstagabend wurde sie von der Sozialistischen Partei zur Kandidatin für die Präsidentschaftswahl 2022 gekürt. Die Aussichten, dass sie erste Präsidentin in der Geschichte Frankreichs wird, sind allerdings gering. Umfragen zufolge wollen nur 5,5 Prozent der Franzosen für sie stimmen. Selbst Hidalgos Verhältnis zu den Sozialisten, die von den Mitgliedern an der Basis bis zur Parteiführung praktisch ihren Wahlkampf führen sollen, ist problematisch. Sie hat zwar nicht wie andere namhafte PS-Politiker nach der schweren Wahlniederlage 2017 die Partei verlassen, ist aber zu ihr auf Distanz gegangen. Sie bezeichnet sich in dieser Hinsicht als »treu, aber frei«.
Anne Hidalgo wurde 1957 im spanischen Sam Fernando als Tochter eines Elektrikers und aktiven Gewerkschafters geboren, im Alter von fünf Jahren emigrierte ihre Familie nach Frankreich. Bei den Kommunalwahlen 2001 kandierte sie in Paris, wurde zur Stadtverordneten gewählt und vom neuen sozialistischen Bürgermeister Bertrand Delanoe zu seiner Stellvertreterin ernannt. Als dieser 2014 nicht wieder kandidierte, wurde sie zu seiner Nachfolgerin gewählt.
Während Anne Hidalgo ihre Erfolge als Pariser Bürgermeisterin, als die sie bei der Kommunalwahl 2020 wiedergewählt wurde, als ausreichende Legitimation für ihre Präsidentschaftskandidatur anzusehen scheint, vermissen nicht nur viele Sozialisten ein Programm. Bisher nannte nur in Interviews einige Ziele, von denen keins breite Zustimmung fand. Sie will die Gehälter der Lehrer verdoppeln, was Experten als populistisch werten und für unrealistisch halten.
Nachdem sie in Paris auf fast allen Straßen die Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h gesenkt hat, schlägt sie jetzt für die Autobahnen eine Absenkung von 130 auf 110 km/h vor, was nur bei den Grünen begrüßt wird. Dass sie andererseits mit Hinweis auf die vielen Franzosen auf dem Lande, die aufs Auto angewiesen sind, die Mehrwertsteuer für Treibstoff wie bei Grundnahrungsmitteln auf den ermäßigten Satz von 5,5 Prozent senken will, werten viele Linke als bedenkliche Anleihe bei der zur extremen Rechten tendierenden Bewegung der Gelben Westen.
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