- Kommentare
- Corona-Politik in Brasilien
Mehl aus derselben Tüte
Peter Steiniger über die Anklagen gegen Bolsonaro & Söhne
Als ein »Festival von Schwätzern« möchte Brasiliens ultrarechter Staatschef Jair Bolsonaro den parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Versäumnissen und Fehlern seiner Regierung während der Pandemie abtun. Der Anhänger der Militärdiktatur 1964-85 und ihrer Folterer sieht im dem Gremium so etwas völlig Überflüssiges wie die während der Regierung der Arbeiterpartei PT eingerichtete Wahrheitskommission zur Untersuchung der Verbrechen während dieser Ära. »Penner« hält Bolsonaro für eine noch zu ehrenvolle Bezeichnung für Senator Renan Calheiros, den Verfasser des Abschlussberichts des Ausschusses, in welchem dem Präsidenten eine Reihe von Verbrechen bis hin zu solchen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen werden.
Auch wenn ihn ein Block im Kongress schützt: Mit dem Senat fordert immerhin ein Verfassungsorgan, den Chef der Exekutive als Kriminellen anzuklagen. Der politische Scharlatan Bolsonaro rät seinen Landsleuten auch jetzt noch, mit Hydroxychloroquin aus der Trump’schen Trickkiste gegen Covid vorzubeugen. Genug Vorräte wurden ja beschafft, bei Impfstoffen war man weniger auf dem Posten. Mit Bolsonaro sollen laut Senat 65 Personen aus dessen Gefolge zur Verantwortung gezogen werden, darunter seine Söhne Flávio, Eduardo und Carlos, die im Kielwasser ihres alten Herrn ebenfalls Politik geschäftlich betreiben, derzeit als Senator, Abgeordneter sowie Stadtrat in Rio. Bei allen Dreien ist der faule Apfel wirklich nicht weit vom Baum gefallen - oder, wie man auf gut Brasilianisch sagt: Sie sind Mehl aus derselben Tüte.
Die Junioren gehen Vater Jair in Brasília beim Regieren zur Hand, wirken als seine Lautsprecher im Netz, halten Kontakt zu den Freunden in den USA und zu Rios »Milieu«. Das vom Clan installierte und auf Verleumdung spezialisierte »Büro des Hasses« ist auf allen Seiten gefürchtet. Auch in der Märtyrerrolle bleiben die Bolsonaros gefährlich. Ihr Showdown wird Brasilien noch viel Leid bescheren.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.