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Wo bleibt das Wasser der Nordsee bei Ebbe?
Steffen Schmidt erklärt diese Woche, warum die Gezeiten in Cuxhaven und Umgebung so stark ausgeprägt sind und was das mit dem Mond zu tun hat
Steffen, ich bin in der Mittel-Weser-Region geboren. Deshalb fahren wir im Urlaub oft an die Nordsee, vor allem nach Cuxhaven und Umgebung. Was ich mich schon als kleiner Junge gefragt habe: Wo bleibt das Wasser der Nordsee bei Ebbe?
Das ist dann auf der anderen Seite des gleichen Meeres. Das Wasser schwappt praktisch hin und her wie in einem Eimer. Wenn in Cuxhaven Ebbe ist, dann ist zur gleichen Zeit an der US-Küste gerade Hochwasser.
Warum aber ist die Ebbe an der Nordseeküste besonders ausgeprägt?
Zum einen ist die deutsche Nordseeküste verhältnismäßig flach. Und zum anderen ist dieser sogenannte Tidenhub, also der Abstand zwischen dem Niedrigwasser und dem höchsten Wasserstand, dort am größten, wo es enge Buchten gibt. Zum Beispiel im Bristol Channel zwischen England und Wales oder am Rio de la Plata in Südamerika.
Warum nicht auch in der Ostsee?
In kleineren Randmeeren wie dem Mittelmeer, dem Schwarzen Meer oder der Ostsee ist, um das Bild vom schwappenden Eimer weiter zu bemühen, der Eimer zu klein, als dass das Schwappen sich richtig bemerkbar machen könnte.
Warum aber läuft dann die Fahrrinne, wo die Elbe in die Nordsee führt, nicht leer? Dort können weiter die großen Schiffe aus Richtung Hamburg fahren.
Die Rinne ist um einiges tiefer als das Watt vor Cuxhaven. Und es gibt den ständigen Zufluss der Elbe, wenn nicht gerade absolute Trockenheit weiter oben herrscht. Dass man da dauernd ausbaggert, hat den Grund, dass die Elbe nicht nur Wasser mit sich bringt, sondern in gewissem Umfang immer wieder verschiedene Sedimente ablagert.
Meine Eltern meinten früher, der Mond wäre für Ebbe und Flut verantwortlich. Was ist da dran?
In der Tat ist der Mond schuld. Er ist zwar viel kleiner als die Erde, aber doch groß genug, um durch seine Anziehungskraft auf unseren Planeten einzuwirken. Wasser ist beweglicher als die feste Erdoberfläche – und das folgt dem Mond gewissermaßen.
Der italienische Philosoph Andrea Cesalpino hatte noch die Idee, Ebbe und Flut einzig mit der Erddrehung zu erklären. Er hat sich auch das Bild mit dem Eimer ausgedacht. Erst später konnte der Physiker Isaac Newton die Gezeiten so weit berechnen, dass man einigermaßen genaue Tidenkalender machen konnte. Bei der Gelegenheit hat er gleich noch nachgewiesen, dass die Gravitation universell zwischen Himmelskörpern ebenso wie Gegenständen auf der Erde wirkt.
Machen sich Ebbe und Flut bei Fischen und Pflanzen in irgendeiner Form bemerkbar?
Eine Landschaft, die durch den regelmäßigen Gezeitenwechsel wesentlich geformt ist, hat natürlich ein anderes Ökosystem als irgendein Stück Mittelmeer- oder Ostseeküste. Pflanzen- und Tierarten, die an das reine Unterwasserdasein gewöhnt sind, gibt es an der Nordseeküste nicht. Andersrum sucht man Wattwürmer im Mittelmeer vergebens.
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