- Reise
- Gardasee
Ein Hoch auf den Herbst am Lago
Gleichzeitig Bergsee und Minimeer: Italiens größter See spielt im Oktober für Genießer, Entdecker und Sportler all seine Trümpfe aus
Zitronen leuchten, Olivenbäume glitzern, der junge Wein will probiert werden. Im Herbst stillt der Lago di Garda perfekt die Sehnsucht nach dem Süden. Im Sommer kann es am Sehnsuchtsziel so vieler Deutscher schon mal eng werden. Davor muss im Herbst niemand Angst haben, dann trumpft die Region mit Ruhe und einem wunderbar milden Klima auf. Die Sonne wärmt noch, während es bei uns schon längst wieder kalt ist. Genießer, Entdecker und Sportler haben den See dann weitgehend für sich.
Drei Regionen haben an Italiens größtem See teil: das Trentino im Norden, das Veneto im Osten und Süden und die Lombardei im Westen. Entsprechend viele Gesichter zeigt der Gardasee. Am Nordufer macht man an einem Bergsee Urlaub, während der Süden mit den flachen Sandstränden sich fast wie ein Meer anfühlt. Im Osten und Westen reihen sich entlang der Traumstraße Gardesana Weinberge, Olivenhaine und pittoreske Ortschaften, hintereinander aufgereiht wie auf einer Perlenkette.
Für Genießer
Im Herbst ist die Hochsaison für Genießer - schließlich werden Weintrauben und Oliven, Kastanien und Honig, Steinpilze und Pfifferlinge geerntet. Zu all diesen Spezialitäten gibt es traditionell Probierfeste. Einige davon, wie das berühmte Traubenfest in Bardolino, mussten 2021 zwar wegen Corona abgesagt werden.
Das Kastanienfest in San Zeno soll aber stattfinden. Dort lässt sich bis 3. November der feine Unterschied zwischen Esskastanien und Maroni kennenlernen: Beide isst man frisch aus dem Tütchen, aber die Maroni sind größer und angeblich leichter zu schälen. Dazu gehört immer ein Schluck junger Wein. Der Vino Novello ist dann selbst der Star beim Fest des Neuen Weins am ersten Novemberwochenende in Bardolino.
Das Olivenöl vom Gardasee gilt als eines der zartesten Italiens, Kenner kombinieren seinen feinen Geschmack gern mit Fisch oder Gemüse. Gelegenheit, sich von der guten Qualität lokaler Olivenöle zu überzeugen, hat man am Tag der offenen Tür der Ölmühlen, der vor allem im Trentino gefeiert wird. Da besorgt man sich am besten vom Verkehrsbüro die Teilnehmerliste und probiert sich einmal den Lago entlang. Bei jeder Ölmühle gibt es lokaltypische Leckereien.
In kleinen Trattorien gehören zur Maronizeit Pasta oder Salat mit den nahrhaften Früchten zu den typischen Herbstgerichten. Ganz wie bei Mama schmecken dann auch Steinpilze und Pfifferlinge gegrillt, im Risotto oder mit Nudeln. Probieren lässt sich das alles zum Beispiel im Ledrotal, wenn die dortigen Restaurants bei »Menu ledro autunno« besondere Zutaten wie die violette Kartoffel der Bergregion offerieren.
Für Entdecker
Zwischen Stränden und Steilwänden schlängelt sich die Gardesana-Straße einmal um den See. Sie gehört zu den spektakulärsten Autostrecken der Welt. Im Herbst lässt die klare Luft die Berge rund um den See wie gezeichnet erscheinen. Und das Blau des Wassers harmoniert besonders gut mit der feuerroten Farbenpracht der Bäume am Ufer.
Die Punta San Vigilio zwischen Torri del Benaco und Garda ist ein magischer Ort. Wie ein Horn ragt die Landzunge in den See. Zur Locanda aus dem 16. Jahrhundert führt eine Zypressenallee, zu besichtigen gibt es eigentlich nicht mehr als den Olivengarten, den winzigen Hafen und die Sirenenbucht. Aber was braucht es mehr, wenn man bei einem Cappuccino auf der schmalen Terrasse sitzen und die Welt genießen kann? Besonders Glückliche bleiben über Nacht: Ein Abendessen auf der Terrasse des Restaurants bei Sonnenuntergang - romantischer kann es nicht mehr werden.
Auch die größte Insel im Gardasee ist im Herbst eine Reise wert: Auf der Isola del Garda am Westufer werden Prinzessinnenträume wahr. Wer Glück hat, wird sogar von der echten Prinzessin Alberta Cavazza durch Zimmer, Garten und Park geführt. Die Villa mit dem zinnenbewehrten Turm stammt aus dem romantischen 19. Jahrhundert. Zum Schloss gehört der laut ADAC beste Campingplatz Italiens gegenüber auf dem Festland: Wellness Camping Fornella.
Wellness ist auch ein gutes Stichwort für das Dorf Sirmione auf einer Landzunge ganz im Süden. Nach einem Bummel von der mächtigen Scaligerburg über die stimmungsvollen Plätze zu den antiken Thermen des Catull aus der römischen Kaiserzeit locken die warmen Wonnen der Neuzeit: Aquaria heißt die modern designte Wellnesstherme mit atemberaubendem Sonnenuntergangsblick auf den See direkt aus den warmen Becken.
Die dramatische Westküste von Salò bis Limone ist seit 150 Jahren mondänes Urlaubsziel für Künstler und Geldadel. Heute stehen da wieder die meisten Nobelhotels und Sternerestaurants. Vielen langjährigen Gardasee-Urlaubern ist gar nicht bewusst, dass rund um den See in den vergangenen Jahren 30 Fünfsternehotels eröffnet haben und der Guide Michelin ein Dutzend Sternelokale mit Seeblick zählt. Als »Neuigkeit des Jahres« adelt der Gambero Rosso das Gourmetlokal Peter Brunel in Arco.
Ganz neu zu entdecken gibt es dieses Jahr den Schrägaufzug in Riva. Eigentlich war der gläserne Hingucker bereits im vergangenen Jahr fertig, aber dann kam Corona dazwischen. So transportiert der »Ascensore Panoramico« erst seit Juli die Gardaseefans in gerade mal drei Minuten von Riva 130 Höhenmeter hinauf zur alten Bastion an den Hängen des Hausbergs Rocchetta.
Für Sportler
Wenn Ende September die Sommerhitze nachgelassen hat, sind die Badegäste stets weg. Von den Kitesurfern kommt nur noch der harte Kern. Nichtsdestotrotz bleibt es am größten See Italiens sportlich: Nun gehört die Natur den Wanderern, Mountainbikern und Kletterern.
Wandern heißt in Italien Trekking und hat im Herbst so richtig Saison. Es regnet selten, die Temperaturen sind mild, das Hochgebirge im Norden und die sanften Hügel im Süden bieten abwechslungsreiche Routen. Jetzt kann man durch die Weinberge wandern, unterwegs beim Winzer einkehren und den Blick auf den See genießen.
Wie wäre es zum Beispiel mit der Panoramawanderung am Monte Brione? Der markante Felsklotz zwischen Torbole und Riva wirkt wie eine natürliche Aussichtsplattform auf den See und die Wanderung von Riva her durch die Olivenhaine ist eher ein zweieinhalbstündiger Spaziergang. Aber was für Ausblicke - auf den Hafen von Riva, auf den Gardasee, den Monte Baldo gegenüber und auf Torbole!
Definitiv noch trendiger als Trekking ist aktuell das E-Mountainbiken. Das hat man in der Regel schon an den Autos auf dem Weg zum Lago bemerkt. Für alle E-Mountainbiker bietet sich zum Einstieg nachmittags im Schatten die Tour auf der alten Ponalestraße an. Rund 600 Höhenmeter schraubt sich die alte Straße von Riva durch senkrechte Felswände hoch zum Ledrosee, mehr Lago-Feeling geht einfach nicht. Die Autos fahren längst durch einen fünf Kilometer langen Tunnel, auf der alten Strecke sind jetzt die Mountainbiker unter sich. Auf der Rückfahrt wird so gut wie jeder im legendären Restaurant Belvedere einkehren - der Ausblick von der oberen Terrasse auf den See ist einfach unvergesslich.
TippsReiseziel: Der Gardasee ist mit 51 Kilometern Länge und 17 Kilometern Breite der größte Bergsee der Alpen. Wie ein Fjord ist er ins Gebirge geschnitten. Mit gerade mal 65 Metern über dem Meeresspiegel bietet er bereits mediterranes Flair.
Sehenswert: der Varone-Wasserfall bei Riva, der André-Heller-Park oberhalb von Gardone, die Orte Malcesine, Sirmione, Desenzano. Weitere Attraktionen sind die Monte-Baldo-Seilbahn, der Freizeitpark Gardaland (bis Ende Oktober geöffnet) und der 37 Grad warme Thermalteich Terme di Cola bei Lazise.
Anreise: mit dem Auto auf der Brennerautobahn bis zu den Ausfahrten Rovereto Sud (für Nord-Gardasee) und Affi. Mit der Bahn kommt man am leichtesten in den Süden, die Bahnhöfe Peschiera und Desenzano liegen an der Bahnstrecke Verona-Mailand.
Saison: Das submediterrane Klima beschert den Gästen im Oktober Tageshöchsttemperaturen von 15 bis 21 Grad, nachts sinken die Temperaturen auf 10 Grad, das Wasser ist noch 19 Grad warm.
Weitere Infos/Buchung: Die Tourismusverbände des Gardasees betreiben eine gemeinsame Webseite: visitgarda.com (auch auf Deutsch).
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!