Drohnenskepsis schwindet bei SPD

Arbeitsgruppe der Sozialdemokraten ist unter Bedingungen offen für die Anschaffung der Kampfsysteme

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 4 Min.

Jahrelang war die Anschaffung von Kampfdrohnen in der SPD umstritten. Eine Zustimmung wurde in der Großen Koalition mit der CDU letztlich verweigert, auch wenn es zahlreiche Fürsprecher gab. Doch bröckelt nun der letzte Widerstand in den Reihen der Sozialdemokraten vor dem Start der Ampel-Koalition? Zumindest hat jüngst eine SPD-interne Projektgruppe ein Papier veröffentlicht, das von einigen Medien als Positionsverschiebung angesehen wird. Die Autoren geben in der Untersuchung die Empfehlung, dass die Anschaffung unter bestimmten Bedingungen »in Erwägung gezogen werden kann«. Zwei Mitglieder der Projektgruppe haben sich dieser Einschätzung nicht angeschlossen. Der Parteivorstand nahm dagegen das Papier »zustimmend zur Kenntnis«, mittlerweile wurde es auch online veröffentlicht.

Die Projektgruppe benennt allerdings verschiedene Kriterien, die für eine Zustimmung erfüllt sein müssten: Ein Verbot von illegalen Tötungen, die Ablehnung von voll automatisierten Drohnen und anderen autonomen Waffensystemen, die Erstellung und Offenlegung eines verbindlichen Einsatzkonzeptes für bewaffnete Drohnen durch die Bundesregierung, die Erwähnung der Kampfdrohnen im konkreten Bundestagsmandat des jeweiligen speziellen Auslandseinsatzes, die Verortung der Drohnenteams im Einsatzgebiet sowie eine angemessene Betreuung der eingesetzten Soldaten. »Zu diesem Forderungskatalog gehört auch, die Folgen eines Einsatzes von Drohnen auf die betroffene Zivilbevölkerung zu berücksichtigen, einschließlich etwaiger Betreuung und Fürsorge«, heißt es weiter in dem Papier.

Wie die Sicherheit der Zivilbevölkerung genau sichergestellt werden soll, bleibt jedoch unklar. Immer wieder kam es bei Drohnen-Einsätzen anderer Nato-Staaten zur Tötung von Zivilisten. Die Autonome Administration von Nord- und Ostsyrien, bekannt als Rojava, verurteilt fast täglich völkerrechtswidrige Luftangriffe der Türkei in der Region. Doch auch das US-Verteidigungsministerium hatte eingeräumt, bei einem Luftangriff in der afghanischen Hauptstadt Kabul Ende August Unschuldige getötet zu haben.

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußerte sich gegenüber der Tagesschau zum weiteren Vorgehen eher ausweichend: »Darüber wird jetzt noch mal beraten und meine Fraktion tut das auch.« Die verteidigungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion und Mitverfasserin des Projektpapiers, Siemtje Möller, betonte wiederum, dass man autonome Waffensysteme ohne menschliche Beteiligung »international ächten« wolle. Eine mögliche Bewaffnung wolle man entsprechend in umfassende Abrüstungsanstrengungen einbetten – wohl auch, um die öffentliche Meinung positiv zu stimmen.

FDP und Grüne ebenfalls offen für Kampfdrohnen

Denn dass es angesichts der unrühmlichen Praxis große Zweifel an einem »sauberen« Einsatz von Kampfdrohnen gibt, dürfte nicht überraschen. Zu den stärksten Kritikern gehört dabei die Linksfraktion. »Die SPD gibt den Kampf gegen Drohnen auf«, kommentierte der Linke-Bundestagsabgeordnete und ehemalige Co-Parteichef Bernd Riexinger anlässlich der Papier-Veröffentlichung der SPD-Arbeitsgruppe. »Anders als im Kolonialismus schicken Regierungen jetzt nicht mehr die Armen unserer Länder in Kriege, sondern gleich bewaffnete Maschinen, die vom Freihandel ausgeplünderte Länder in Schach halten sollen«, erklärte der Politiker. Dies sei »übel«.

Dies wird indes nicht von allen Parteien so gesehen. Die Union ist für eine Anschaffung. Klar positionierte sich jüngst auch etwa die FDP-Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Die Liberalen wollten die Drohnen, bekräftigte sie. »Es handelt sich um sechs Stück, die ausschließlich dazu geeignet sind, die Soldatinnen und Soldaten aus der Luft zu beobachten, zu begleiten, als Wirkmittel gegebenenfalls auch durch eine Bewaffnung zu schützen.« Das Thema wolle Strack-Zimmermann in der nächsten Legislaturperiode »abräumen«. In den Koalitionsverhandlungen ist sie unter anderem Mitglied der Arbeitsgruppe »Außen, Sicherheit, Verteidigung, Entwicklung, Menschenrechte«.

Auch die Grünen schließen die Anschaffung von bewaffneten Drohnen nicht mehr aus, auch wenn es in der Basis noch Vorbehalte gibt. »Wir Grüne im Bundestag sind der Meinung, dass Nutzen und Risiken von bewaffneten Drohnen sehr gründlich abgewogen werden müssen«, heißt es in einer Erklärung vom September. Es müsse jedoch klargemacht werden, für welche Einsatzszenarien der Bundeswehr die Kampfdrohnen überhaupt eingesetzt werden sollen, bevor über ihre Beschaffung entschieden werden kann. Die Grünen hatten auf ihrem Parteitag im Juni für diese Position den Weg geebnet.
Im Juni 2018 stimmten die Koalitionsfraktionen der Union und der SPD dem Leasing von Drohnen aus Israel zu. Diese verfügen grundsätzlich über die Möglichkeit einer Bewaffnung.

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