Geht Bartsch nach Schwerin?

Im Nordosten gehen die Koalitionsverhandlungen auf die Zielgerade - und es wird über die Besetzung der Regierungsposten spekuliert

Von Berlin nach Schwerin? Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern statt Ko-Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag? Wie der NDR aus Verhandlungskreisen erfahren haben will und am Mittwochabend berichtet hatte, soll der kürzlich erst wieder an die Fraktionsspitze gewählte Dietmar Bartsch »als heißer Kandidat« für den Chefposten des Innenressorts gehandelt werden. Augenblicklich müssen derlei - wie auch fast alle anderen - angeblichen Personalpläne noch ins Reich der Spekulationen verwiesen werden. Vonseiten der Linken in Schwerin jedenfalls hieß es am Donnerstag auf nd-Anfrage, dass die Koalitionsverhandlungen rein inhaltlich geführt würden. Sämtliche Fragen zu Personal und Strukturen würden erst in der Hauptrunde in der kommenden Woche besprochen werden.

Fest steht bislang nur, dass die derzeit geschäftsführende Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) voraussichtlich am 15. November erneut zur Landeschefin gewählt wird. Und auch, dass Simone Oldenburg, Spitzenkandidatin zur Landtagswahl, wiedergewählte Fraktionschefin und Verhandlungsführerin der Linken, das Bildungsministerium übernimmt, darf wohl als gesetzt angesehen werden.

Unvorstellbar allerdings ist es nicht, dass Bartsch tatsächlich das dann noch eine freie der wohl zwei Ministerämter besetzt, die die Linke bekommen könnte. Für den gebürtigen Stralsunder, der sein Abitur 1976 an der EOS Franzburg im heutigen Landkreis Vorpommern-Rügen ablegte und in Rostock, Schwerin sowie den Städten Hagenow und Parchim im mecklenburgischen Landkreis Ludwigslust-Parchim Wahlkreisbüros unterhält, wäre es ein Wechsel in die alte Heimat - der er bis heute verbunden ist. Ausdruck dieser Verbundenheit mit Land sowie Nordost-Linker und damit ein weiteres Argument dafür, dass Bartsch durchaus nach Schwerin gehen könnte: Er ist Teil der Verhandlungsgruppe der Linken, die mit der SPD derzeit den rot-roten Koalitionsvertrag aushandelt. Wie es der Zufall wollte, ging es dabei am Donnerstag um die Themen »Kommunen, Innere Sicherheit, Justiz und Europa« - also unter anderem um den Bereich, für den Bartsch als Innenminister zuständig wäre.

Unter Führung der CDU hatte das Innenministerium in der letzten Legislaturperiode hauptsächlich für Skandale gesorgt - Stichworte Nordkreuz, Anis Amri, Verfassungsschutz - und war bei weitem die größte Schwachstelle der rot-schwarzen Regierung. In diese Wunde legte die Linksfraktion nicht nur den Finger, vielmehr stocherte sie über Jahre hartnäckig darin herum. So führte bei den Christdemokraten der Gedanke daran, dass ausgerecht nun ein Linke-Politiker das Innenressort übernehmen könnte, am Donnerstag zu heftigen Äußerungen weit unterhalb der Gürtellinie: »Die Linke hat sich in den letzten Jahren mit den Forderungen nach Legalisierung von Straftaten, Drangsalierung der Landespolizei und systematischer Schwächung des Sicherheitsapparates hervorgetan, dafür gibt es eine politische und persönliche Nähe zu Straftätern aus linksextremen Milieus«, erklärte der Fraktionsvorsitzende der CDU im Schweriner Landtag, Franz-Robert Liskow, laut dpa. Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten, stünden dem Land Mecklenburg-Vorpommern schwierige Jahre bevor. »Viele Linke hegen gegenüber dem liberalen demokratischen Rechtsstaat und seinen Institutionen nach wie vor großen Argwohn.«

Jenseits der Landespolitik im Nordosten hätte ein möglicher Wechsel Bartschs natürlich auch Auswirkungen auf die Bundesebene - speziell auf die fragile Linksfraktion im Bundestag. Hier würfe ein Weggang Bartschs die Frage nach einem neuen Ko-Vorsitzenden an der Seite von Amira Mohamed Ali auf und könnte somit zum erneuten offenen Aufbrechen der alten Spaltungslinien führen. Neben der Aufarbeitung des Debakels bei der Bundestagswahl und der Dauerauseinadersetzung um Sahra Wagenknecht wäre dies eine dritte veritable Baustelle für die Linke.

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