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Bedingungslose Unterkunft
Am Halleschen Ufer können 50 Frauen ab diesem Winter in einem ehemaligem Hotel wohnen
»Wir müssen den Menschen zu allererst einen Schutzraum geben, dann nutzen sie unsere Beratungsangebote auch besser.« Das erklärte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) am Freitag anlässlich der Eröffnung dreier »24/7-Unterkünfte« für Wohnungslose. Die Zahlenkombination 24/7 steht dabei für »24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche«. Vor Ort, im Happy Bed Hostel am Halleschen Ufer schaute sich Breitenbach die Einzelzimmer an. Die sind zwar etwas karg, aber mit dem Notwendigen eingerichtet: Bett, Schrank, Tisch, ein kleines Bad mit Toilette, Waschbecken und Dusche. Leiterin Andrea Niemann von der Stiftung zur Förderung sozialer Dienste ist zufrieden: 50 Frauen können hier unterkommen. »Am 18. Oktober haben wir hier aufgemacht, schon morgens um acht standen vier Frauen vor der Tür und haben um Aufnahme gebeten«, sagt Niemann. Innerhalb von fünf Tagen seien alle Plätze belegt gewesen.
Umfunktionierte Hostels und Hotels sind auch ein Produkt der Coronapandemie. Für Obdachlose wäre es ohne Unterkünfte, die Tag und Nacht geöffnet sind, unmöglich gewesen, Kontakte zu reduzieren und zu Hause zu bleiben, sagt Breitenbach. Hinzu komme, dass Einrichtungen der Kältehilfe aufgrund der Abstands- und Hygieneregeln weniger Menschen als zuvor aufnehmen konnten und können, weshalb neue Einrichtungen schon im letzten Winter eine Notwendigkeit waren.
»Unsere Evaluierungen der 24/7-Unterkünfte haben gezeigt, dass es wirklich etwas bringt, wenn Menschen zunächst mal zur Ruhe kommen und sich erholen können«, so Breitenbach. So sagt es auch Christian Ceconi, Direkter der Berliner Stadtmission. Es seien durchweg positive Erfahrungen mit der durchgehenden Unterbringung gemacht worden. Die Stadtmission hat das Hotel Augustinenhof am Hackeschen Markt in eine Unterkunft für 80 Wohnungslose umgewandelt, mehr als die Hälfte der Plätze sei barrierearm.
»Wenn wir Obdachlosigkeit in dieser Stadt überwinden wollen, müssen wir Menschen mit auf den Weg nehmen. Das braucht ganz viel Individualität, Vertrauen und Unterstützung«, sagt Ceconi. Dafür versuche die Berliner Stadtmission, alles Notwendige zu bieten, »von Seelsorge über Sozialarbeit bis hin zu konkreten Möglichkeiten, sich auszuprobieren und Selbstwirksamkeit zu erfahren«, erzählt der Direktor.
Obdachlose Menschen über das Regelsystem unterzubringen, sei insgesamt zu hürdenreich, sagt Elke Breitenbach. Zum Beispiel müssten Menschen etwaige Sucht- oder Schuldenprobleme lösen, bevor sie in Unterkünften der Sozialen Wohnhilfe aufgenommen würden. »Das ist ein absurdes System. Man muss raus aus dieser Situation, dass Menschen Vorbedingungen erfüllen müssen, bevor sie untergebracht werden«, so die Sozialsenatorin. Mit den neuen Einrichtungen wolle man auch Menschen erreichen, die keine Hilfsangebote nutzen, etwa weil sie nicht wissen, dass sie Anspruch auf Unterbringung und Unterstützung haben.
Das habe bisher auch in den 24/7-Unterkünften gut funktioniert, sagt Elke Breitenbach. Wie bei dem Projekt »Housing First« zeige sich auch hier, dass es besser sei, Obdachlose erst unterzubringen und dann die bestehenden individuellen Probleme zusammen anzugehen. So können sich Menschen auch anonymisiert aufnehmen lassen und es bedarf keiner Kostenübernahme durch eine Sozialleistungsbehörde, wie die Sozialverwaltung mitteilt. Finanziert wird das Ganze für die nächsten zwei Jahre durch Fördermittel der Corona-Wohnungslosenhilfe der Europäischen Union. 11,4 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung.
Danach müsse das Land Berlin auf Grundlage einer durchzuführenden Evaluierung der Unterkünfte entscheiden, »welchen Stellenwert 24/7-Unterkünfte in Zukunft in der Wohnungslosenhilfe haben und wie sie dort als ein reguläres Angebot aufgenommen und ausfinanziert werden«, berichtet Breitenbach. All dies seien wichtige Schritte, um Obdachlosigkeit und Wohnungslosigkeit in Berlin bis 2030 abzuschaffen.
Einrichtungsleiterin Andrea Niemann hofft auch auf eine reguläre Finanzierung. »Wir wollen natürlich, dass danach die Stadt sagt: Wenn das ein gutes Projekt ist, dann fördern wir das auch«, sagt sie. Das Happy Bed Hostel sei schon im letzten Winter im Tag- und Nachtbetrieb genutzt worden. So habe man bereits Erfahrungen sammeln können. »Es geht darum, einen Ort zu haben, wo die Frauen erst einmal sein und bleiben können«, so Niemann. Im Haus arbeite man mit Sozialpädagog*innen, Sozialbetreuer*innen und einer Psychologin und sei rund um die Uhr ansprechbar für die Bewohner*innen. Auch für Essen sei gesorgt: »Die Frauen haben die Möglichkeit, hier zu frühstücken, sich ein Lunchpaket mitzunehmen, und am Abend gibt es ein warmes Essen«, sagt die Einrichtungsleiterin.
Neben dem Happy Bed Hostel und der Stadtmission-Unterkunft gibt es eine dritte, vom Internationalen Bund getragene Einrichtung. Sie befindet sich in Niederschöneweide. Bisher sei sie aufgrund baurechtlicher Fragen noch nicht geöffnet, biete aber künftig Platz für 62 Menschen. »Wir sind drei Träger, die vereinbart haben, eng zusammenzuarbeiten, um ein zielführendes Hilfsangebot auf die Beine zu stellen«, sagt Niemann.
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