Innenminister planen nationales Krisenzentrum

Neue Behörde soll dazu beitragen, dass Notsituationen schnell erkannt werden und dafür riesige Datenmengen verarbeiten

  • Sebastian Bähr
  • Lesedauer: 3 Min.

Bei der jährlichen Innenministerkonferenz versuchen die anreisenden Politiker in der Regel, Law-and-Order-Politik auszubauen, ihre Kompetenzen zu erweitern und neue Überwachungsmaßnahmen durchzusetzen. Auch bei dem am Freitag in Stuttgart zu Ende gegangenen Treffen war es nicht anders. Im Zentrum der Debatten stand dabei die Einrichtung eines neuen bundesweiten Krisenkompetenzzentrums, mit dem man Krisen in Deutschland schneller erkennen und früher bekämpfen wolle. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU), Vorsitzender der Konferenz, kündigte so an, ein »Krisenradargerät« zu installieren. Dabei könne Künstliche Intelligenz sehr schnell riesige Datenmengen verarbeiten, um Krisen frühzeitig zu identifizieren, betonte er.

Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) warb ebenso für größere Anstrengungen bei der Vorbereitung auf Notsituationen. »Wir brauchen ein nationales Krisenkommando schon in Friedenszeiten«, sagte er im Blick auf die Corona-Pandemie und Hochwasserkatastrophen. Die Wiedereinführung von Sirenen zur Alarmierung der Bevölkerung begrüßte Pistorius. Die vom Bund dafür bereitgestellten 88 Millionen Euro seien allerdings viel zu wenig, da alleine in seinem Bundesland Kosten von 100 Millionen Euro anfielen.

Im Kampf gegen die Corona-Pandemie kündigte Strobl für alle Bundesländer stärkere Kontrollen an. »Wir brauchen leider schärfere Regeln - und dann auch eine schärfere Überwachung«, sagte er. Insbesondere im Öffentlichen Personennahverkehr und bei der Einhaltung der Maskenpflicht brauche es mehr Kontrollen. Die Regierungschefs und -chefinnen von Bund und Ländern hatten sich am Donnerstag darauf geeinigt, dass in Kultur- und Freizeiteinrichtungen sowie im Einzelhandel künftig nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt erhalten. Die Innenminister begrüßten auch Überlegungen für eine allgemeine Impfpflicht, über die voraussichtlich der Bundestag entscheiden wird. Nur weil sich etwa die »Querdenken«-Szene radikalisiere, dürfe man sich nicht davon abhalten lassen, »das Richtige zu tun«, sagte Strobl.

Die Innenminister waren sich zudem einig, entschiedener gegen Hass, Hetze und Antisemitismus vorzugehen. Bereits am Donnerstag hatten sie eine »Stuttgarter Erklärung« verabschiedet, in der sie eine Verschärfung der Regeln für die Verfolgung von Hass-Straftaten im Netz fordern. Pistorius äußerte sich am Freitag besorgt über den Messengerdienst »Telegram« - er sei eine »Echoblase, was Hetze gegen den Staat und andere betrifft«. Es müsse nun durchgesetzt werden, dass der Dienst nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz kontrolliert werde. Dieses Vorhaben könnte dabei weitrechende Konsequenzen haben, denn mit dem Vorwurf »Hetze gegen den Staat« könnten viele gesellschaftliche Gruppen und Initiativen kriminalisiert werden.

Die Innenminister befürworten weiterhin eine neue Amnestie zur straffreien Abgabe von Waffen in den kommenden Jahren. Er sei zuversichtlich, dass auch der Bundestag in der laufenden Legislaturperiode einen entsprechenden Beschluss fassen werde, sagte Pistorius. Vorgeschlagen hatte eine solche Amnestie der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (ebenfalls SPD). Da die letzte Amnestie noch nicht lange zurückliege, habe man empfohlen, einen Beschluss erst gegen Ende der aktuellen Wahlperiode umzusetzen, sagte Strobl. Das wäre spätestens 2025. 2009 und Ende 2017 beziehungsweise Anfang 2018 hatten Bürger bereits Gelegenheit, illegale Waffen straffrei bei den Waffenbehörden und der Polizei abzugeben. 2009 waren dies bundesweit 200 000 legale und illegale Waffen. Bei der folgenden Aktion kamen 71 000 Waffen zusammen.

Das linke Bündnis »No IMK« kündigte derweil unter dem Motto »Ihre Sicherheit ist nicht unsere Sicherheit« für Freitagabend in Stuttgart eine Demonstration an. »Innere Militarisierung und die Ausweitung der Polizeibefugnisse sind notwendige Stützpfeiler, die den Erhalt des Systems gewährleisten sollen«, heißt es in dem Aufruf des Bündnisses. Die Innenminister handelten dabei im Sinne eines Systems, das durch Konkurrenz und Profitzwang immer wieder Krisen erzeuge - die Kosten müsse man jedoch selbst tragen. Mit Agenturen

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