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Klimabewegung will Klaus Ernst verhindern
Wird der Linke-Politiker Vorsitzender im Klimaausschuss? Die Umweltbewegung warnt vor den Folgen
Die Linksfraktion im Bundestag ist geschrumpft. Sie hat nach dem schlechten Ergebnis der Bundestagswahl weniger Ressourcen und Möglichkeiten als zuvor, so kann sie zukünftig beispielsweise nur noch einen Ausschussvorsitz im Parlament stellen – und zwar den für Klima- und Energie. Dieser könnte für die Linkspartei dabei eigentlich etwas Gutes bedeuten: Sie hat ein fortschrittliches klimapolitisches Programm, Teile der Partei fordern eine strategische Neuausrichtung als ökosozialistische Kraft. In einem solchen Ausschuss könnte man sich mit seinen Alleinstellungsmerkmalen abheben. Kein Wunder also, dass viele gespannt darauf schauen, wer den Ausschussvorsitz leiten wird.
Ein möglicher Kandidat sorgt jedoch derzeit für Unruhe. So heißt es aus Parteikreisen gegenüber »nd«, dass der Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst wahrscheinlich den Ausschuss leiten soll. In einer Probezählung habe sein Gegenkandidat, der Bundestagsabgeordnete und frühere Linke-Ko-Vorsitzende Bernd Riexinger, den Kürzeren gezogen. Die Kritiker befürchten, dass die Personalie Ernst bereits am Montag im Fraktionsvorstand und bei der Fraktionssitzung am Dienstag festgemacht werden könnte.
Warum ruft Klaus Ernst, der frühere IG-Metall-Funktionär, Vorsitzende im Ausschuss für Klimaschutz und Energie und ehemalige Ko-Vorsitzende der Linken, so viel Unmut hervor, dass sogar ein offener Brief gegen ihn verfasst wurde?
Zwei profilierte Klimapolitiker der Linkspartei sind Lorenz Gösta Beutin, der bei der Bundestagswahl den Wiedereinzug verpasste, sowie der Fridays-for-Future-Aktivist Maximilian Reimers. »Die Fraktion ist auf Grundlage des Wahlprogramms gewählt worden, es ist für sie Orientierung«, betonte Gösta Beutin gegenüber »nd«. Wer für die Klimapolitik von Partei und Fraktion stehe, müsse deshalb auch für den sozial-ökologischen Umbau und für gerechte Regeln, aus denen sich niemand rauskaufen kann, eintreten. Reimers wird in seiner Kritik an der Personalie deutlicher: »Ernst spielt Gewerkschaften und die Klimabewegung gegeneinander aus«, sagte der Aktivist gegenüber »nd«. Seine Wahl zum Ausschussvorsitzenden wäre »fatal« und würde die Integrität der Linkspartei zerstören. »Die Linke schießt sich mit Ernst ins Abseits«, so Reimers.
Auch bei der Bewegung Fridays for Future zeigt man über die mögliche Wahl von Ernst Unverständnis. »Jemanden zum Vorsitzenden des Klima- und Energieausschusses zu ernennen, der Nord Stream 2 befürwortet, jegliche wirksame klimapolitische Maßnahme ablehnt und konstant Klima und Soziales gegeneinander ausspielt, wäre eine Absage an jegliche klimapolitische Glaubwürdigkeit, die die Linke sich mit ihrem vergleichsweise ambitionierten Programm erkämpft hat«, sagte die Aktivistin Carla Reemtsma gegenüber »nd«. Ernst selbst wollte auf die Vorwürfe bisher nicht reagieren. Da es vom Fraktionsvorstand noch keinen Vorschlag gebe, sehe Ernst keinen Anlass für eine Stellungnahme, teilte sein Büro auf »nd«-Anfrage mit.
Klimapolitiker und Aktivisten hatten den Linke-Politiker in der Vergangenheit bereits mehrfach für seine Aussagen kritisiert. So hatte dieser etwa die Demonstrationen gegen die Automobilausstellung IAA in München im September verurteilt. »Vielleicht sollten jene, die gegen eine ganze Branche und damit auch gegen die Jobs dort demonstrieren, mal einen Rundgang auf der IAA machen«, hatte der Politiker gegenüber Medien gesagt. »Demonstrationen als Selbstzweck« und »Aktionsformen, die andere gefährden« würden jene abschrecken, die man erreichen wolle.
Die Linksfraktion hatte zudem im Frühjahr 2020 ihren »Aktionsplan Klimagerechtigkeit« beschlossen. Dieser bringe die Themen Soziales und Klimaschutz sinnvoll zusammen, schrieben etwa die an der Ausarbeitung beteiligten Sabine Leidig und Gösta Beutin in der »Frankfurter Rundschau«. Klaus Ernst hatte damals in einem eigenen Gastbeitrag in der »FR« einen anderen Schwerpunkt gefordert: »Ein fortschrittlicher Ansatz ist es, auf technische Lösungen zu setzen, die rasch den CO²-Ausstoß mindern, die die industrielle Basis Deutschlands erhalten, die Arbeitsplätze sichern und hervorragende Exportchancen bieten.« Verbote und Preissteigerungen würden wiederum nur »Ängste« schüren. In anderen Medien warf Ernst dem Aktionsplan »Autofeindlichkeit« vor.
Kritik gab es ebenfalls daran, dass Ernst im Sommer 2020 den ehemaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder in den Wirtschaftsausschuss des Bundestages geladen hatte. In seiner Rolle als Präsident des Verwaltungsrates bei dem Gas-Projekt »Nord Stream 2« sowie Aufsichtsratschef bei dem russischen Ölkonzern Rosneft sollte Schröder als Sachverständiger sprechen. Für viele Genossen war das ein Affront, galt der Altkanzler schließlich nicht nur als Verantwortlicher eines brutalen sozialen Kahlschlags in Deutschland, sondern eben mittlerweile auch als Lobbyist russischer Energieinteressen.
Mittlerweile wurde auch ein offener Brief verfasst. In diesem sprechen sich Linke-Politiker und außerparlamentarische Klimaaktivisten scharf gegen die Wahl von Ernst zum Ausschussvorsitzenden aus. »Wir sind überzeugt, dass die Zukunft der Linken auch davon abhängt, ob sie glaubhaft an der Seite ziviler Bewegungen gegen die Klimakrise stehen kann«, schreiben die Verfasser.
Unter den Erstunterzeichnern befinden sich etwa Luisa Neubauer und Carla Reemtsma von Fridays for Future, wie auch Sören Benn, der Linke-Bürgermeister von Berlin-Pankow. Maximilian Reimers hat den Brief ebenfalls mit unterzeichnet: »Die Mehrheitsmeinung der Partei muss gehört werden«, so der Nachwuchspolitiker. Klaus Ernst vertrete diese »faktisch nicht«. Man wolle aber keinen konkreten Alternativkandidaten vorschlagen und sich auch nicht weiter in die Kandidatenfindung einmischen.
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