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  • Justizsenatorin Lena Kreck

Linke Hochschulprofessorin soll Justizressort übernehmen

Berliner Linke nominiert überraschend Lena Kreck für den Posten der künftigen Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung

  • Martin Kröger und Rainer Rutz
  • Lesedauer: 5 Min.

Die Berliner Hochschulprofessorin Lena Kreck soll in einem künftigen rot-grün-roten Senat das Amt der Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung übernehmen. Die Landesvorsitzende der Linken, Katina Schubert, schlug den Parteigremien am frühen Freitagabend eine entsprechende Nominierung vor.

Die 40-jährige Volljuristin Lena Kreck lehrt und forscht seit 2019 an der Evangelischen Hochschule Berlin als Professorin für Soziale Arbeit mit dem Schwerpunkt Recht und Gesellschaft. Davor war sie unter anderem als Juristin bei der Fachstelle für LSBTI*-Geflüchtete der Schwulenberatung Berlin tätig. Linke-Landeschefin Schubert sagte, sie sei »davon überzeugt, dass Lena Kreck durch ihr soziales, politisches und juristisches Engagement ideale Voraussetzungen dafür mitbringt, das Amt der Senatorin für Justiz, Vielfalt und Antidiskriminierung auszufüllen und voranzubringen«.

Gegenüber »nd« ergänzte Schubert: »Lena ist eine ausgezeichnete Juristin und unserer Partei als langjähriges Mitglied seit ihrer Zeit im parteinahen Jugendverband eng verbunden. Ich freue mich, mit ihr eine junge Frau für dieses neue Ressort vorschlagen zu können.«

Mit Lena Kreck wäre die Führungsriege der Sozialisten für die Regierungsarbeit der kommenden Legislatur nun komplettiert. Schon in der vergangenen Woche war bekannt gegeben geworden, dass die ehemalige Linke-Bundesvorsitzende Katja Kipping die Nachfolge von Arbeits- und Sozialsenatorin Elke Breitenbach antreten soll. Dass Berlins Kultursenator Klaus Lederer seine Arbeit in ebendiesem Ressort auch in der nächsten Legislatur fortführen möchte, steht bereits seit Längerem außer Frage.

Wie im Fall Kippings ist dabei auch die Nominierung Krecks als Nachfolgerin des bisherigen Justiz- und Antidiskrimierungssenators Dirk Behrendt (Grüne) durchaus eine Überraschung. Zuvor geisterten in dieser Hinsicht vor allem zwei Namen durch das politische Berlin. Zum einen wurde Sandra Brunner, stellvertretende Linke-Landesvorsitzende und Richterin am Sozialgericht Berlin, als aussichtsreiche Kandidatin für das Justizressort gehandelt. Zum anderen fiel immer wieder der Name des rechtspolitischen Sprechers der Linksfraktion, Sebastian Schlüsselburg. Nun also Lena Kreck.

Auch wenn viele Berlinerinnen und Berliner sich fragen dürften: Lena, wer? Kreck ist keineswegs eine komplett Unbekannte. Zur Erinnerung: Vor ziemlich genau zwei Jahren kam es im Zusammenhang mit der Personalie Kreck zu einem Eklat im Abgeordnetenhaus. Die Linksfraktion hatte die damals erst 38-Jährige für einen der drei zuvor frei gewordenen Richterinnen- und Richterposten am Berliner Verfassungsgerichtshof nominiert – und war im Parlament überraschend krachend durchgefallen.

Die Wahl der Wunschkandidatin oder des Wunschkandidaten der Partei mit dem jeweiligen Vorschlagsrecht ist dabei – trotz der notwendigen Zweidrittelmehrheit – eigentlich eine reine Formsache. So wollen es die Gepflogenheiten im Abgeordnetenhaus. Und so kamen auch die Kandidatin der SPD und der Kandidat der CDU auf ein Ergebnis nahe 100 Prozent der abgegebenen Abgeordnetenstimmen. Nur Kreck fiel durch. Auch wenn es sich um eine geheime Wahl handelt, war offensichtlich, dass es offenbar die CDU-Fraktion war, die die Linke und ihre Kandidatin genüsslich hatte auflaufen lassen.

CDU-Abgeordnete streuten dabei fleißig Zweifel an Krecks Verfassungstreue. Die Boulevardzeitung »B.Z.« sekundierte mit der Bemerkung, die Juristin sei zu jung und stehe »zu nah an sozialistischen Strömungen in der Linkspartei«. Und überhaupt: »Sie ist Rednerin auf dem Marxismus-Kongress, schreibt für sozialistische Medien, gibt ihrer Partei Ratschläge in der Migrationspolitik.« Kurzum: Teufelszeug für kalte Krieger.

Nicht viel anders fällt die Reaktion heute aus. So sieht CDU-Landeschef Kai Wegner in der Nominierung Krecks vor allem eine ideologische Kampfansage. »Der Rechtsstaat und die Justiz dürfen nicht zur Spielwiese linker Ideologen verkommen«, polterte Wegner am Samstag. Ähnlich der rechtspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Holger Krestel, der der Juristin in einer am Samstag verschickten Pressemitteilung jedwede rechtspolitische Expertise abspricht und sich über die »ideologischen Personalentscheidungen« der »SED-Erbin ›Linke‹« echauffiert. Die wie zu besten Frontstadtzeiten in Anführungszeichen gesetzte Linkspartei dürfte solche Reaktionen freilich einkalkuliert haben.

Linke-Landeschefin Schubert hatte schon am Freitag erklärt, dass Kreck »in dem für uns neuen Ressort eine linke Handschrift mit einer fortschrittlichen Rechtspolitik und einer menschenrechtsorientierten Politik für eine offene Gesellschaft deutlich machen« werde.

Das war indes zugleich in gewisser Weise auch eine Botschaft an die eigene Partei. Denn in Teilen der Linken ist die in den rot-grün-roten Koalitionsgesprächen ausgehandelte Übernahme des Justizressorts zuvor mit wenig Begeisterung aufgenommen worden. Schließlich hatte die Partei hierfür die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen hergeben müssen – und dies ausgerechnet an die Beton-SPD. Katina Schubert hatte jüngst im nd-Interview betont, dass der Verlust des Stadtentwicklungsressorts zwar »schmerzhaft« sei, sie aber »das Justizressort mittlerweile als Chance« sehe. Dies auch mit Blick auf die Besetzung der Expertenkommission, die die Umsetzung des Volksentscheids »Deutsche Wohnen & Co enteignen« vorbereiten soll: »Es ist juristisch nicht trivial, mehr als 240.000 Wohnungen auf einen Schlag in öffentliches Eigentum zu bringen. Das muss dann auch funktionieren, damit die Mieterinnen und Mieter die Gewissheit haben, dass sie weiterhin ein sicheres Zuhause haben. Bei der Besetzung der Kommission haben wir über das Justizressort einen ganz anderen Einfluss und Zugriff.«

Auch Linke-Landesgeschäftsführer Sebastian Koch verteidigte am Freitag noch einmal die Ressortübernahme durch die Sozialisten. »Die Frage, wer in unserer Stadt zu seinem Recht kommt, darf nicht vom Geldbeutel abhängen«, sagte Koch zu »nd«. Zudem umfasse das Ressort, das Lena Kreck mit dem geplanten Senatswechsel am 21. Dezember übernehmen soll, weit mehr als nur den Justizbereich. Denn, so Koch: »Auch Antidiskriminierung ist für uns in der multikulturellen Stadt Berlin eine Herzensangelegenheit. Insofern passt das neue Ressort sehr gut zu einer modernen linken Partei.«

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