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Kampfdrohnen bleiben Streitthema in der SPD
Parteichef Lars Klingbeil will die Beschaffung. Vorstand muss nach Widerstand an der Basis nun erneut beraten
Ein »Erledigt durch Koalitionsvertrag« kommt für Teile der SPD bei der Beschaffung von Kampfdrohnen nicht infrage. Das Forum »DL21 – Demokratische Linke« in der SPD teilte eine gemeinsame Erklärung mehrerer Landesverbände der Jusos, des Bundesvorstandes der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen, der Arbeitsgemeinschaft 60+ sowie der Initiative Sozialdemokrat*innen gegen Kampfdrohnen.
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es, die Anschaffung bewaffneter Drohnen für die Bundeswehr werde ermöglicht – »unter verbindlichen und transparenten Auflagen und unter Berücksichtigung von ethischen und sicherheitspolitischen Aspekten«. Es gehe um den besseren Schutz von Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz. »Bei ihrem Einsatz gelten die Regeln des Völkerrechts, extralegale Tötungen – auch durch Drohnen – lehnen wir ab.«
Das reichte den Mitgliedern auf dem SPD-Parteitag nicht aus und sie plädierten für weitere Diskussionen über bewaffnete Drohnen. Der bayerische Delegierte Alexander Roth verteidigte den Antrag, der sich gegen die Anschaffung der Drohnen richtete. Die SPD stehe für Abrüstung und Frieden und solle sich nicht an einer »Aufrüstungsspirale« beteiligen, sagte er. Auch die frühere Juso-Vorsitzende Franziska Drohsel forderte ein »klares friedenspolitisches Signal« vom Parteitag. Der Einsatz bewaffneter Drohnen sei wegen der mangelnden Zielgenauigkeit der Waffen völkerrechtlich fragwürdig und bringe oft »erhebliches Leid« für die Zivilbevölkerung im Konfliktgebiet.
Teil der Kritik war auch, dass die SPD-Basis zu wenig in die Entscheidung eingebunden sei. Die Kritiker*innen sehen in der Bewaffnung der Kampfdrohnen ein Anheizen der internationalen Rüstungs- und Gewaltspirale. Das Thema hätte die SPD nur zu gern abgeräumt. Die Antragskommission hatte zunächst empfohlen, den Antrag für »Erledigt durch Koalitionsvertrag« zu erklären, rückte nach der Debatte aber davon ab.
Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil, viele Jahre Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags, sagte hingegen, er könne konkrete Auslandseinsätze nennen, »wo es Leben gerettet hätte, wenn wir bewaffnete Drohnen gehabt hätten«. Dies könne nicht einfach beiseite gewischt werden. Die Debatte über bewaffnete Drohnen sei »wichtig und relevant« und könne nicht »mal eben so in den letzten Stunden des Parteitags« entschieden werden, fügte Klingbeil hinzu. Er bitte deswegen darum, »dass wir dazu heute keine Entscheidung treffen, sondern weiter diskutieren«.
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Schatzmeister Dietmar Nietan warnte zudem davor, einen Antrag anzunehmen, der im direkten Widerspruch zum Koalitionsvertrag steht. »So kann man damit nicht umgehen.« Nietan verwies auch auf die Empfehlungen einer SPD-Projektgruppe unter Vorsitz der früheren Bundesjustizminister Herta Däubler-Gmelin, die zu dem Schluss gekommen war, dass bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr unter engen Voraussetzungen in Erwägung gezogen werden könnten.
Der linke Flügel der SPD forderte, autonome Waffensysteme und bewaffnete Drohnen international zu ächten sowie eine dringend notwendige völkerrechtliche Regulierung von bewaffneten Drohnen zu erreichen. In der SPD ist die Frage der bewaffneten Drohnen schon lange umstritten; im Wahlprogramm wurde sie offen gelassen. Ende 2020 lehnte die SPD-Fraktion die Anschaffung ab, was den damaligen verteidigungspolitischen Sprecher der Fraktion, Fritz Felgentreu, zum Rücktritt von dem Posten bewegte, da er für die Anschaffung war. Auch die Wehrbeauftragte des Bundestags, die Sozialdemokratin Eva Högl, fordert dringend die Beschaffung der Waffen.
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Vor dem Bundesparteitag hatte Attac zu Widerstand gegen die Regierungspläne aufgefordert. »Aus unserem Austausch mit Mitgliedern und auch Bundestagsabgeordneten von SPD und Grünen schließen wir, dass mindestens die Hälfte der Mitglieder in beiden Parteien die Anschaffung bewaffneter Drohnen ablehnt«, so die Attac-Vertreterin der Drohnen-Kampagne, Elsa Rassbach.
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