Eingleisige Expertise

Kurt Stenger über den neuen Expertenrat zu Corona

Es ist gut, dass die neue Ampel-Koalition nicht den Fehler der alten Bundesregierung wiederholt, bei der äußerst komplexen Corona-Pandemiebekämpfung auf unabhängige Expertise eines Fachleutegremiums zu verzichten. Das zuvor betraute Robert-Koch-Institut (RKI) war mit dieser Rolle offensichtlich überfordert – dass der Bundesbehörde Fehler bei der Beratung in wichtigen Fragen vorgeworfen werden, ist einerseits berechtigt, andererseits aber auch unfair. Zu groß waren die dem RKI zugedachten Zusatzaufgaben.

Ein Expertenrat soll es nun zukünftig besser machen, aber ein Blick auf die Teilnehmerliste lässt stutzen. Aufgabe des Gremiums müsste es sein, zeitnah Empfehlungen für die bestmöglichen Pandemiemaßnahmen abzugeben. Da Corona wie auch die Maßnahmen tief in alle gesellschaftlichen Bereiche eingreifen, braucht es hier eine sehr breite Perspektive. Und genau daran mangelt es: Sozialpsychologen, Sozialverbände und Ökonomen sucht man hier ebenso vergeblich wie Katastrophenschutzexperten. Auch Epidemiologen, die die Ausbreitung von Krankheiten untersuchen und die Relevanz von Gegenmaßnahmen beurteilen können, sind nicht eingeladen.

Natürlich darf ein Expertenrat nicht zu vollgestopft werden, um flexibel handlungsfähig zu sein. Aber das ist er ja – mit vielen Medizinern und insbesondere Virologen. Dadurch besteht die Gefahr unnötig langer Fachdebatten aus einem wissenschaftlichen Teilbereich. Ohnehin haben gerade Virologen die dank Corona plötzliche mediale Talkshow-Aufmerksamkeit dafür genutzt, alle möglichen Empfehlungen jenseits ihrer eigentlichen Expertise zu geben. Ob sie davon ablassen, weil keine Kamera läuft, ist eine dann doch zu vage Hoffnung.

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