• Berlin
  • Berliner Universitäten in der Pandemie

Leere Unis trotz Präsenz-Devise

Dozierende entscheiden oft selbstständig, auf digitale Lehrformate umzusteigen

  • Lola Zeller
  • Lesedauer: 3 Min.

»Die Rückkehr zum reinen Online-Betrieb an den Hochschulen sollte angesichts der Bedeutung von persönlicher Begegnung im Bildungsprozess erst als eine der letzten Maßnahmen zur Kontaktreduzierung erwogen werden«, teilte die Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten der Berliner Hochschulen am vergangenen Mittwoch mit. Bisher ist dementsprechend keine Rückkehr in den kompletten Online-Betrieb der Lehre geplant, wie es im vergangenen Winter bei vergleichbarem Infektionsgeschehen der Fall war. Gründe seien laut Landeskonferenz die hohe Impquote unter Studierenden, die gute Umsetzung der Hygienemaßnahmen und ein guter Umgang mit der Kombination von Online- und Präsenzlehre.

Nichtsdestotrotz sollen Infektionsschutzmaßnahmen »je nach Gegebenheiten vor Ort« von den Hochschulen ergriffen werden. Darunter eine stärkere Überprüfung der 3G-Regelungen, FFP2-Maskenpflicht in geschlossen Räumen sowie der Ausbau von Test- und Impfangeboten. Außerdem sollen die Hochschulen prüfen, »wo weitere Veranstaltungen mit großen Gruppengrößen in den kommenden Wochen temporär in Online-Formaten durchgeführt werden«, heißt es. Zusätzlich sollen die Hochschulen »unmittelbar vor und nach den akademischen Ferien« auf einen größeren Anteil an Online-Lehre umsteigen können.

An den Universitäten zeigt sich währenddessen, dass Präsenz momentan keineswegs der Status quo der Lehre ist. »Der Campus ist seit Wochen leer. Das zeigt, dass der Großteil der Lehre bereits online stattfindet, weil die Dozierenden ihre Kurse bereits selbst umgestellt haben«, sagt Gabriel Tiedje zu »nd«. Er ist Referent für Hochschulpolitik des Allgemeinen Studierendenausschusses der Technischen Universität und Mitglied der Landes-Astenkonferenz Berlin, des Zusammenschlusses der Berliner Studierendenschaften. Es sei zu beobachten, dass durch die freizügigen Regelungen der Universitätsleitungen die Verantwortung auf Dozierende abgewälzt werde. Diese müssten teilweise auf Online-Formate umsteigen, weil ihre Studierenden nicht mehr in Präsenz an Kursen teilnehmen können oder wollen.

Es brauche wieder einen neuen Stufenplan und frühzeitige Kommunikation über die Maßnahmen anstatt des »Hin- und Herhüpfens von Verordnung zu Verordnung«, so der Studierendenvertreter. Auch die einzelnen Universitäten selbst seien nicht nur glücklich über das Festhalten am Präsenzbetrieb. Die Leitung der Freien Universität habe ab dieser Woche wieder in den kompletten Online-Betrieb wechseln wollen, sei aber auf Senatsebene daran gehindert worden, berichtet Tiedje.

»Bei den Studierenden sind die Bedürfnisse durchwachsen«, sagt er. Es gebe sowohl jene, die wegen der hohen psychischen Belastung durch die Online-Lehre lieber Präsenzformate wahrnehmen möchten, und andere, die es angesichts der Infektionsgefahr für unverantwortlich halten, weiterhin in Präsenz an Kursen teilzunehmen, sagt er. Deshalb sei es wichtig, eine Freiwilligkeit zu ermöglichen, damit sich niemand gezwungen sieht, an Präsenzveranstaltungen teilzunehmen.

Die Situation sei für viele Studierende aktuell »prekär«, weil die Förderungen der letzten drei Semester nicht weitergeführt würden. »Wir brauchen die Aussetzung der Regelstudienzeit auch in diesem Semester, um weiterhin eine Bafög-Verlängerung zu ermöglichen. Und wir brauchen die Technik-Fonds zurück, damit sich auch Erstsemester die notwendige Ausstattung zur digitalen Teilnahme an Kursen anschaffen können«, so Gabriel Tiedje.

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