Primat der Realpolitik

Peter Steiniger zur Taktik von Olaf Scholz im Pipeline-Poker

Während die grüne Außenministerin Annalena Baerbock ihr neue Rolle und Bedeutung sichtlich genießt und gegenüber den Russen ordentlich auf den Tisch haut, räumt SPD-Mann Scholz hinter ihr auf. Nachdem die Transatlantikerin das deutsch-russische Megaprojekt Nord Stream 2 in die westliche Drohkulisse zur Ukraine-Krise eingebaut und die Erteilung einer Betriebserlaubnis für die kürzlich fertiggestellte Ostseepipeline infrage gestellt hat, machte der Bundeskanzler im Anschluss an den EU-Gipfel in Brüssel Ansagen, die deutlich anders klingen.

Scholz erklärte die zur Durchleitung von Gas erforderliche Genehmigung trocken zu einer technokratischen Angelegenheit der Bundesnetzagentur, bei der sich die Politik nolens volens nicht einmischt. So sei das eben in Behörden-Deutschland. Noch dazu, wo es sich »um ein privatwirtschaftliches Vorhaben« handelt, was hier fast so heilig ist wie den Hindus die Kuh. Von der »anderen Frage«, dem Kräftemessen um die Ukraine mit der Androhung von Sanktionen gegenüber Moskau, will Scholz das Problem erst mal getrennt sehen.

Natürlich weiß der Bundeskanzler, dass die Entscheidung über den Start von Nord Stream 2 eine hochpolitische von internationaler Tragweite ist. Dass der Europäische Gerichtshof die Bundesrepublik erst kürzlich aufforderte, die Unabhängigkeit der zum Wirtschaftsministerium gehörenden Netzagentur zu stärken, ist eine Ironie am Rande. Scholz sendet mehrere Signale aus: An den Kreml geht eines der Berechenbarkeit und Entspannung und er kühlt auch anderswo in Osteuropa Köpfe. Zum anderen demonstriert Scholz, dass auch außenpolitisch handfeste Interessen ausschlaggebend sind - und wer die Richtung vorgibt.

Für Baerbock mit ihrem ideologischen Ansatz läuft es im besten Fall auf ein Spiel mit verteilten Rollen hinaus. Unabgestimmt und zu weit vorpreschen sollte die Ministerin dabei nicht, möchte sie noch lange Freude an ihrem Amt haben.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.