Methanwolken über Kohleminen

Australien wird vorgeworfen, offiziell zu niedrige Emissionssummen bei internationalen Gremien zu melden

  • Barbara Barkhausen, Sydney
  • Lesedauer: 4 Min.
Innenansicht der Mine in Kalgoorlie im Westen Australiens: Satellitendaten ergeben, dass pro Jahr Hunderttausende Tonnen Methan aus solchen Minen austreten.
Innenansicht der Mine in Kalgoorlie im Westen Australiens: Satellitendaten ergeben, dass pro Jahr Hunderttausende Tonnen Methan aus solchen Minen austreten.

Schwere Trucks rattern über die Trassen entlang der Hail-Creek-Mine. Es ist eine der großen Tagebauminen, die das Bowen Basin säumen, ein riesiges Kohlebecken an der Ostküste Australiens, das sich über eine Länge von 600 Kilometern und eine Breite von 250 Kilometern erstreckt.

Hail Creek ist auch eine der Minen, die die Forscher des SRON Netherlands Institute for Space Research näher untersucht haben. Dafür waren die holländischen Wissenschaftler nicht vor Ort in Australien, stattdessen haben sie Satellitendaten der Europäischen Weltraumorganisation analysiert. Dabei stellten sie fest, dass 2018 und 2019 schätzungsweise 230 000 Tonnen Methan pro Jahr aus der von Glencore betriebenen Kohlemine austraten.

Methan ist ein Klimagas, das noch einmal deutlich potenter ist als Kohlendioxid. 30 Prozent der heutigen Erderwärmung gehen auf das Konto des Gases. Zwar verschwindet Methan schneller wieder aus der Atmosphäre, dafür hat es aber eine deutlich größere Erwärmungskraft - in den ersten 20 Jahren etwa 85-mal mehr als Kohlendioxid. Neben der Tierhaltung oder Abfalldeponien ist es vor allem die Gewinnung von Brennstoffen wie Kohle oder Gas, bei der Methanemissionen freigesetzt werden. Vor allem beim Gas entweichen an den Bohrstellen und entlang der Pipelines große Mengen, nicht nur in Australien, sondern auch in Ländern wie beispielsweise Russland oder Turkmenistan.

Hail Creek ist nur eines der Beispiele im Bericht der niederländischen Forscher, an dem diese zu quantifizieren versuchen, wie viel Methanausstoß einzelne Minen zu verantworten haben. Die Ergebnisse stimmen vor allem auch deswegen nachdenklich, weil sie darauf hindeuten, dass Regierungen - wie in diesem Fall die australische - die Methanemissionen nicht in ausreichender Höhe erfassen, wie die Autoren Pankaj Sadavarte und Ilse Aben schreiben.

Zu letzterem Ergebnis kommt auch das Geoanalyseunternehmen Kayrros. Dieses hat bei seinen Auswertungen, bei denen es mit Satelliten- und meteorologischen Daten arbeitete, ebenfalls große Methanlecks über Australiens Kohleminen entdeckt. »Wir haben sehr große, sehr signifikante Emissionen über Kohlebecken in Australien festgestellt, insbesondere über dem Bowen Basin«, berichtete Antoine Halff, ein Kayrros-Analyst, in einem Interview. Auch er merkte an, dass die Summen höher zu sein scheinen als jene, die Australien offiziell bei internationalen Gremien meldet. In einer Pressemitteilung der Firma hieß es bereits im Juli, dass im australischen Bowen-Becken in den Jahren 2019 und 2020 durchschnittlich 1,6 Millionen Tonnen Methan pro Jahr emittiert wurden. Dies entspricht ungefähr der Menge an Treibhausgasen, die 30 Millionen Autos in einem ähnlichen Zeitraum an Treibhausgasen ausstoßen.

Das australische Ministerium für Industrie, Wissenschaft, Energie und Ressourcen weist die Vorwürfe jedoch von sich. Man halte es für »verfrüht«, »Satellitendaten direkt zur Quantifizierung von Emissionen zu verwenden«, hieß es in einer Erklärung des Ministeriums. Aus Sicht der Behörde mangelt es den Analysen von SRON und Kayrros zudem an Transparenz. Deshalb halte man die Schätzungen von Kayross wie auch die von SRON für »sehr unwahrscheinlich«. Auch die Betreiber der Minen wie Glencore, BHP oder Anglo American sind sich offiziell keiner Schuld bewusst. Gegenüber lokalen Medien wie dem australischen Sender ABC oder der »Australian Financial Review« gaben alle befragten Firmen an, sie würden ihre Daten entsprechend den Standards und Anforderungen in Australien erheben und veröffentlichen.

Immerhin ist der Kohleunterstützer Australien bei der Klimakonferenz in Glasgow zumindest einen kleinen Schritt auf den Rest der Welt zugegangen. Kurz vor dem Gipfel verkündete das Land ein Nullemissionsziel bis zum Jahr 2050. Am mittelfristigen Ziel - die Treibhausgase bis 2030 um 26 bis 28 Prozent unter das Niveau von 2005 zu senken - will Australien jedoch nichts verändern, obwohl die jüngsten Prognosen zeigen, dass das Land die Emissionen bis dahin durchaus um 30 bis 35 Prozent senken könnte. Australien hat sich zudem auch nicht den 100 Nationen angeschlossen, die sich bei COP26 zur Reduzierung des Methangehalts in der Atmosphäre verpflichtet haben. Die Unterzeichner wollen den Methangehalt bis 2030 um 30 Prozent reduzieren.

Um das Nullemissionsziel bis 2050 zu erreichen, will Australien mehr als 20 Milliarden Australische Dollar (13 Milliarden Euro) bis 2030 in »emissionsarme Technologien« investieren. Zu diesen sollen Kohlenstoffspeicherung, die Produktion von »grünem« Stahl, »grünem« Wasserstoff und günstigem Solarstrom gehören - gute Ideen, die aber für die Umsetzung eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen werden. Diese Zeit könnte sich Australien mit der Eliminierung von Methanemissionen auf einfache Weise »erkaufen«, wie Antoine Halff erklärte. Denn die Technologie sei bereits vorhanden, so der Experte.

Auch die politische Opposition fordert mehr Engagement von der Regierung in Bezug auf die Methanemissionen des Landes. Die Grünen-Senatorin Sarah Hanson-Young sagte gegenüber ABC, dass dies zum Verhalten der Regierung passe, »unabhängigen Rat abzulehnen« und stattdessen das Wort der fossilen Brennstoffindustrie für bare Münze zu nehmen. »Ich weiß, wem ich glaube«, sagte sie.

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