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Erste Niederlage für Merz
Ein Gutachten stuft den Status des Wirtschaftsrats der CDU als rechtswidrig ein
Für die CDU hat das neue Jahr eigentlich ganz ordentlich begonnen. Die Christdemokraten haben sich mit überwältigender Mehrheit für einen neuen Vorsitzenden entschieden, in einer aktuellen Umfrage befinden sie sich wieder gleichauf mit der Kanzlerpartei SPD. Ferner finden sie genügend Anlässe, die teils uneinige Ampel-Koalition vor sich herzutreiben, etwa bei den Themen Impfpflicht oder Umgang mit Russland. Die Unionsparteien haben die Rolle der Oppositionsführerin angenommen und mit Fraktionschef Ralph Brinkhaus einen passablen Redner in vorderster Front.
Doch nun holt ausgerechnet den baldigen Parteichef dessen Vergangenheit ein. Friedrich Merz war von 2019 bis November 2021 Vizepräsident des Wirtschaftsrats, eines der CDU nahestehenden Lobbyverbandes. Allerdings stuft ein von Lobbycontrol in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten den Status dieses Verbands als rechts- und satzungswidrig ein. »Mangels satzungsmäßiger Grundlage verstößt der ständige Gaststatus der Präsidentin des Wirtschaftsrats mit Teilnahme- und Rederecht an den Sitzungen des Bundesvorstands der CDU sowohl gegen das Parteiengesetz als auch gegen die Satzung der CDU«, heißt es in einem von der Organisation am Mittwoch vorgestellten Gutachten.
»Großer Schaden für die Legitimität«
Ein Sprecher der CDU habe Lobbycontrol bestätigt, dass Astrid Hamker, seit 2019 Präsidentin des Wirtschaftsrats, »qua Amt« als ständiger Gast im CDU-Bundesvorstand fungiere. Sie besuche fast alle Sitzungen und ergreife zu Themen aus ihrem Bereich regelmäßig das Wort, heißt es aus der CDU-Zentrale in der »Süddeutschen Zeitung«. Auf einer Archivseite der Partei wird Hamker noch aufgeführt, dabei ist sie in dieses Gremium überhaupt nicht gewählt worden.
Der Wirtschaftsrat ist auch, anders als häufig angenommen, gar kein Bestandteil der CDU. Im Parteistatut taucht der Verband nicht auf, auf der Liste der Bundesvereinigungen wie der Jungen Union oder der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung steht er nicht. Vielmehr handelt es sich um einen Unternehmerverband, der nach eigener Auskunft die »Interessen der unternehmerischen Wirtschaft gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit« vertritt.
Was das bedeutet, erklärte Christina Deckwirth von Lobbycontrol auf einer Pressekonferenz: »Der Wirtschaftsrat fällt nicht unter die Transparenzanforderungen, er muss seine Finanzen nicht offenlegen.« Gleichzeitig aber habe er »großen Einfluss auf die Partei und insbesondere den Wirtschaftsflügel«. Deckwirth sprach von einem »großen Schaden für die Legitimität einer Partei«. Lobbycontrol fordert die CDU auf, die rechtmäßige Zusammensetzung des Vorstands wiederherzustellen und dem Wirtschaftsrat seine Sonderrechte zu entziehen.
Klar ist: Das Gutachten ist eine Niederlage insbesondere für den künftigen Parteichef Friedrich Merz, noch bevor dieser sein Amt auf dem Onlineparteitag am 21. und 22. Januar antreten wird. Bis heute ist Merz dem Wirtschaftsrat eng verbunden. Ein Beispiel: Sein Pressesprecher Armin Peter ist zugleich auch stellvertretender Pressesprecher des Wirtschaftsrates.
Der Jurist André Horenburg erklärte, die CDU verstoße nicht nur gegen das Parteiengesetz und ihre Satzung, sondern auch gegen das Grundgesetz. In dessen Artikel 21 heißt es über Parteien: »Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen.« Horenburg zufolge muss »jeder Inhaber einer Parteifunktion entlang einer durchgehend legitimierten Kette mit der Parteibasis verbunden sein«. Ferner wird in der Satzung der Partei die Zusammensetzung des Bundesvorstands genau erläutert. Vom Wirtschaftsrat ist dort nichts zu lesen.
Fraport und Daimler im Wirtschaftsrat
Offenkundig ist hingegen, welche Politik der Wirtschaftsrat von der CDU gern sehen würde. Im Präsidium des Verbands sitzen beispielsweise Renata Jungo Brüngger vom Automobilkonzern Daimler und Stefan Schulte, Vorstandsvorsitzender von Fraport, Betreibergesellschaft des Flughafens Frankfurt am Main. Es ist naheliegend, dass der Wirtschaftsrat etwa gegenüber einer notwendigen Verkehrswende eher skeptisch eingestellt sein dürfte. Der Verband erweise sich als »Bremsklotz für den Klimaschutz«, sagte Christina Deckwirth.
Zugleich stellte sie klar, dass Lobbycontrol nicht vor Gericht ziehen könne. Sie ermunterte jedoch die Mitglieder der CDU, den Rechtsweg zu beschreiten – andernfalls seien die demokratische Legitimität und die Glaubwürdigkeit der Partei in Gefahr.
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