Unterstützung kommt oft nicht an

Jeder sechste Haushalt erhielt während der Corona-Pandemie trotz Bedarfs keine Sozialleistungen

Die Corona-Pandemie führte bei 43 Prozent aller Haushalte in Deutschland zu Verlusten bei Einkommen oder Ersparnissen. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Dienstag veröffentlichte repräsentative Studie. Sie wurde von der Universität Mannheim, dem Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und dem Leibniz-Instituts für Resilienzforschung (LIR) durchgeführt. Befragt wurden Haushalte auf dem Höhepunkt der zweiten Pandemie-Welle zwischen Dezember 2020 und Januar 2021.

Zwar wurden von Bund und Ländern Maßnahmen ergriffen, um die Folgen der finanziellen Verluste abzufedern, doch die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Finanzhilfen bei vielen Betroffenen nicht angekommen sind. Demnach bezogen im Schnitt nur rund neun Prozent der Erwerbsbevölkerung im Rahmen der Coronakrise Sozialleistungen. Unter den Haushalten, die keine Leistungen in Anspruch nahmen, gab rund jeder sechste an, Unterstützungsbedarf gehabt zu haben. Selbstständige beantragten fünfmal häufiger Unterstützungsleistungen als Angestellte. Weniger bekannt sei laut Tabea Bucher-Koen vom ZEW allerdings, dass »auch Alleinerziehende, geringfügig Beschäftigte und jüngere Erwerbstätige überdurchschnittlich von finanziellen Einschnitten betroffen sind.«

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Geringfügig Beschäftigte haben der Studie zu Folge aber sogar mehr als fünfmal seltener Unterstützung in Anspruch genommen als Vollzeitbeschäftigte, obwohl Bedarf bestanden hätte. Menschen, die keiner oder nur einer gelegentlichen Erwerbstätigkeit nachgehen, haben dreimal seltener Sozialleistungen in Anspruch genommen als Vollzeitbeschäftigte. Und Alleinerziehende beantragen viermal seltener Hilfe als kinderlose Paare.

»Unsere Studie legt nahe, dass der Sozialstaat seine Unterstützung für diese Gruppe noch niedrigschwelliger anbieten sollte«, schlussfolgert Bucher-Koen. Die Gründe für die Nichtinanspruchnahme der Sozialleistungen sind vielfältig. Manche wussten der Untersuchung zu Folge nichts von ihrer Berechtigung. Andere nannten bürokratische Hürden als Grund oder gaben an, sie wussten nicht, wie man die finanzielle Unterstützung überhaupt erhält. Andere haben auf die Sozialleistungen verzichtet, weil es ihnen unangenehm war, nach der Unterstützung zu fragen. Auch Scham nannten Betroffene als Grund für den Verzicht der staatlichen Hilfe.

»Es gibt immer noch eine beachtlich große Gruppe von betroffenen und gleichzeitig bezugsberechtigten Haushalten, die nicht über die Informationen und das Wissen verfügen, aus eigener Kraft Hilfen zu beantragen«, kommentierte Carmela Aprea, Co-Leiterin der Studie, die Ergebnisse. Die am häufigsten abgerufenen Unterstützungsmaßnahmen waren laut der Studie niedrigschwellige Angebote wie das Kurzarbeitergeld und das Bonus-Kindergeld. Beides haben Anspruchsberechtigte automatisch ohne eigenes Zutun erhalten.

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