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Linksfraktion rauft sich zusammen

Abgeordnete beschließen Eckpunktepapier zu Sozial-, Klima- und Friedenspolitik

Sichtbares Ergebnis der Klausur der Linksfraktion ist ein am Freitag veröffentlichtes »Schwerpunktepapier« mit dem Titel »Die Linke Opposition. Für soziale Sicherheit, Klimagerechtigkeit und Friedenspolitik«. Womit diejenigen Themenfelder umrissen sind, über deren Wichtung und Behandlung in Partei und Fraktion immer wieder Streit entbrennt.

Die nach der Bundestagswahl im Amt bestätigten Vorsitzenden der Fraktion, Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch, sprachen am Freitag von einer »insgesamt sehr erfolgreichen Klausur«. Während der zweitägigen Zusammenkunft sei »sehr konstruktiv« diskutiert worden. Zudem wurden die Sprecherfunktionen innerhalb der Fraktion bestimmt. Auffällig: Die ehemalige Kovorsitzende der Fraktion, Sahra Wagenknecht, hat keine dieser Zuständigkeiten und zuvor auch keinen Sitz in einem Fachausschuss des Parlaments erhalten. Warum das so ist, darüber gaben die amtierenden Vorsitzenden keine Auskunft. Bartsch verwies darauf, dass auch er keine Sprecherfunktion habe, Mohamed Ali betonte, Wagenknecht werde voraussichtlich stellvertretendes Mitglied etwa im Finanzausschuss werden.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Mit dem Positionspapier mache die Linke klar, dass sie die Partei für soziale Gerechtigkeit bleibe, so Mohamed Ali. Darin wird unter anderem eine große Steuerreform gefordert, die die große Mehrheit der Bevölkerung entlasten und die Reichsten wesentlich stärker in die Pflicht nehmen würde als bislang, nicht zuletzt jene Unternehmen, die die größten Verursacher klimaschädlicher Emissionen sind. SPD und Grüne hätten sich in der Ampelkoalition von ihren Plänen eines gerechteren Steuersystems offenbar verabschiedet, konstatierte Ali.

Die Linke streite für »Würde im Arbeitsleben und im Ruhestand«, betonte die Fraktionschefin, und damit für »gute Arbeitsbedingungen und gute Löhne für alle, allen voran in der Pflege«. Zudem werde sich die Fraktion weiter für eine Erhöhung der Renten und dafür engagieren, dass das Renteneintrittsalter wieder von 67 auf 65 Jahre sinke. Zudem stehe die Partei »an der Seite der Beschäftigten« im Ringen um einen ebenso effektiven wie sozial gerechten Klimaschutz, der nicht wie bisher nur über höhere Verbrauchspreise zu Lasten der Ärmeren gehe.

Die Fraktionsvorsitzenden versicherten erneut, die Linke bleibe »natürlich nach wie vor die Friedenspartei«, wende sich gegen Waffenexporte und die von der Ampel geplante Anschaffung bewaffneter Kampfdrohnen für die Bundeswehr. Zur Frage von Sanktionen gegen Russland im Ukraine-Konflikt sagte Bartsch, es gebe bereits seit Jahren Sanktionen, die »offenbar nicht die beabsichtigte Wirkung entfaltet haben«. Der Fraktionschef forderte zugleich, es dürften »auf keinen Fall« deutsche »Offensivwaffen« an die Ukraine geliefert werden. Auf »nd«-Nachfrage stellte er klar, die Aussage gelte auch für Defensivwaffen. Zugleich betonte Bartsch, die Linke müssten, wenn es um Menschenrechte und die Grundlagen des Völkerrechts gehe, »überall die gleichen Maßstäbe geben«.

Bartsch hob auch die Rolle der Linken als Vertreterin der Interessen der Ostdeutschen hervor. Als solche strebe sie ein »Comeback« an. Die Chancen dafür seien gegeben, denn die Ampelkoalition vernachlässige das Themenfeld. Zudem identifizierten einer aktuellen Umfrage zufolge immer noch 38 Prozent der Menschen im Osten die Linke als ihre Interessenvertreterin, so Bartsch.

Unter den vielen innerhalb der Fraktion vergebenen Sprecherposten ist mit Blick auf das geschilderte Ziel wohl der des Ostbeauftragten von besonderer Bedeutung. Dieses Amt wird nach dem nicht erneut in den Bundestag gelangten Matthias Höhn nun der Leipziger Abgeordnete Sören Pellmann bekleiden, dem es gelungen war, zum zweiten Mal das Direktmandat in seinem Wahlkreis zu erringen - bei insgesamt starken Stimmenrückgängen für Die Linke bei der Bundestagswahl im September.

Ein weiteres Thema auf der Klausur war nach Angaben der Fraktionsvorsitzenden eine Impfpflicht gegen das Coronavirus. Hierzu habe es eine »Orientierungsdebatte« in Vorbereitung der Debatte dazu im Plenum kommende Woche gegeben. Hierbei sei das »Für und Wider abgewogen« worden, so Mohamed Ali. Die Positionen zur Impfpflicht seien in der Fraktion sehr unterschiedlich, zumal sie nicht auf ein »einfaches Ja oder Nein reduziert« werden könnten. Denn, so die Fraktionschefin: »Wir sehen, dass die aktuellen Impfstoffe das aktuelle Infektionsgeschehen wesentlich weniger eindämmen können als bei den vorigen Varianten.« Bartsch kritisierte das Lavieren der Ampelkoalition in Bartsch kritisierte das Lavieren der Ampelkoalition in Sachen Impfpflicht als »Desaster«.

Kurz vor der Klausur hatte der Abgeordnete Klaus Ernst, der kürzlich auf Vorschlag der Fraktionsspitze zum Vorsitzenden des Bundestagsausschusses für Klimaschutz und Energie gewählt worden war, indes einmal mehr für Schlagzeilen gesorgt. Am vergangenen Wochenende ging er insbesondere Ko-Parteichefin Susanne Hennig-Wellsow, die auch Mitglied der neuen Fraktion ist, hart an. Nachdem die Politikerin erklärt hatte, sie wolle die Partei befrieden, schrieb Ernst auf Twitter, dazu solle sie erst einmal »selbst aufgestellte Benzinkanister von der Brandstelle entfernen« und »schnelle Neuwahlen der Parteiführung nach Mitgliedervotum wie bei der CDU« in die Wege leiten. Der Tweet ist auch eine Woche später noch unverändert zu lesen. Zahlreiche Genossinnen und Genossen hatten ihn scharf kritisiert, so die ehemalige Berliner Sozialsenatorin Elke Breitenbach, die fragte: »Na, zündelst du wieder?« oder die Fraktionskollegin Caren Lay, die ihn aufforderte, den Tweet zu löschen, statt »immer schön weiter im Projekt Die Linke unter 5 Prozent« zu arbeiten.

Fraktionschefin Mohamed Ali wollte sich weder zu dem Vorgang noch zur Forderung nach Neuwahl der Parteispitze äußern. Ob über das Thema in der Klausur gesprochen worden ist, wollte sie nicht sagen.

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