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Lause-Rettung auf der Zielgeraden
Kreuzberger Heimat bedeutender linker Projekte soll nun mit Erbpacht gesichert werden
Der Notartermin ist schon vereinbart: Diesen Freitag könnte der jahrelange Kampf um den Erhalt des Kreuzberger Gewerbe- und Wohnensembles Lause in der bisherigen Form einen erfolgreichen Abschluss finden. Die Genossenschaft Eine für Alle eG soll dann mit dem Land Berlin einen Erbbaurechtsvertrag für das Wohnhaus und den Gewerbehof Lausitzer Straße 10/11 schließen. Damit könnten rund 170 Mieterinnen und Mieter in eine sichere Zukunft blicken. Darunter bekannte Institutionen wie das Antifaschistische Pressearchiv und Bildungszentrum Apabiz, der linke Internet-Videokanal Leftvision oder das Umbruch-Bildarchiv, das seit 1988 linken Protest dokumentiert. Dazu kommen noch zahlreiche Künstlerinnen und Künstler sowie viele kleine Unternehmen aus dem Kreativbereich oder auch Vereine wie die Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland.
Doch 2016 drohte dem über die Jahrzehnte gewachsenen Biotop das Aus. Der Eigentümer, die dänische Tækker-Gruppe, suchte Käufer für das Ensemble, wie die Mieterinnen und Mieter zufällig erfuhren. Mindestens 20 Millionen Euro Kaufpreis wollte der Familienkonzern erlösen, der das Ensemble 2006 vom Land Berlin für rund 2,3 Millionen Euro erworben hatte.
Die Initiative Lause bleibt setzte Tækker und die Berliner Politik seitdem mit zahlreichen Aktionen unter Druck. Mit Erfolg. Der dänische Investor erklärte sich schließlich bereit, für einen deutlich niedrigeren Preis, kolportiert werden elf Millionen Euro, an das Land zu verkaufen. Der Verkauf an Berlin ist inzwischen abgewickelt, allerdings tritt er erst in Kraft, wenn der Erbpachtvertrag mit der Eine für Alle eG unter Dach und Fach ist.
Frieder Rock, Prokurist der Genossenschaft, hofft, am Freitag einen Punkt unter die »unendliche Geschichte« setzen zu können, wie er gegenüber »nd« sagt. Mit dem Wermutstropfen, dass der Erbbaurechtsvertrag nicht auf die maximal mögliche Frist von 99 Jahren geschlossen wird, sondern nur auf 65 Jahre. Eine weitgehende Einigung habe in Dreiecksgesprächen mit der zuständigen Senatsfinanzverwaltung und Tækker bereits im letzten Sommer erzielt werden können, berichtet er. Allerdings habe es große Unsicherheiten in der Verwaltung gegeben, ob mit dem reduzierten Zinssatz für die Erbpacht nicht gegen Beihilferegeln der Europäischen Union verstoßen werde.
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»Wir haben dann eine Brüsseler Anwaltskanzlei aufgetan, die sich mit der ganzen Beihilfeproblematik auskennt«, berichtet er. Letzte Woche habe man sich einen gangbaren Weg erläutern lassen und auch das Formular zugeschickt bekommen, das alle paar Jahre ausgefüllt werden muss. »Das muss ich am Montag noch mit der Bim diskutieren«, sagt Frieder Rock. Die landeseigene Berliner Immobilienmanagement GmbH (Bim) wickelt Liegenschaftsangelegenheiten für das Land ab. Wenn mit ihr eine kurzfristige Verständigung über die noch offenen Punkte gelingt, müssen noch die parlamentarischen Gremien zustimmen. »Wenn alles entsprechend läuft, könnte der Nutzen-Lasten-Wechsel schließlich am 1. April erfolgen«, schätzt Rock.
An Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) sollte das nicht scheitern. »Die Stadt muss auch für Gewerbetreibende, soziale Projekte und Kreativ-Nutzungen bezahlbar bleiben. Denn die gehören zur Berliner Mischung dazu«, sagt er »nd«. »Ich würde mich freuen, wenn das in der Lausitzer Straße durch den Ankauf und die Erbbaurecht-Vergabe an die Bestandsnutzer gelingen kann«, so Wesener weiter.
»Ich freue mich sehr, dass es endlich zu der Vertragsunterzeichnung zwischen der Bim und der Lause kommt«, sagt die Grünen-Mietenexpertin Katrin Schmidberger zu »nd«. Der Fall zeige »aber auch, welch große Hürden genommen werden müssen, um die Berliner Mischung in eine gemeinwohl-orientierte, genossenschaftliche und vor allem langfristige Nutzung zu übertragen«. Die Instrumente dafür, wie eine Erhöhung der Laufzeit der Erbpachtverträge auf 99 Jahre und schnellere Verfahren und Abwicklung »werden wir in den kommenden Jahren verbessern«, verspricht sie.
Die bisher je nach Zeitpunkt des Vertragsschlusses sehr unterschiedlichen Gewerbemieten würden unter den gegebenen Bedingungen dann auf einheitlich rund zehn Euro pro Quadratmeter nettokalt festgesetzt werden müssen, sagt Genossenschaftsprokurist Frieder Rock. »Wir gehen davon aus, dass bis auf ein oder zwei Mieter alle im gegenseitigen Einvernehmen die Mietverträge mit uns auflösen und neu abschließen werden«, erklärt er. Im Gespräch sei eine Solidarmiete für jene, die sich den neuen Satz nicht leisten können.
Nichts ändern soll sich für die Wohnungsmieter. Es sei eine politische Entscheidung der Hausgemeinschaft gewesen, solidarisch weiter Verantwortung auch für das Wohnhaus in der Lausitzer Straße 11 zu übernehmen, auch wenn wegen der zum Teil sehr niedrigen Mieten eine Quersubventionierung durch den Gewerbeteil wird erfolgen müssen. »Der politische Kampf für das Ensemble ist schließlich gemeinsam geführt worden«, sagt Rock.
Die Genossenschaft Eine für Alle ist 2019 ursprünglich für den wegen ausbleibender Unterstützung der Wirtschaftsverwaltung geplatzten Vorkauf des Kreuzberger Hauses Urbanstraße 67 gegründet worden. Es kam schließlich zur »freundlichen Übernahme« durch die Lause, berichtet Rock. Zu den Gründungsmitgliedern gehört die Clubcommission und der Berufsverband Bildender Künstler*innen Berlin. Zu den bisher rund 120 Mitgliedern sind zum 1. Januar noch 130 weitere hinzugekommen, um das Projekt Lause zu zu unterstützen. Neben der Grunderwerbsteuer müssen auch weitere Nebenkosten des Erbpachtsvertragsschlusses finanziert werden, außerdem ein Grundstock für die überfällige Sanierung des Baus. Seit Jahren funktioniert die überalterte Heizungsanlage nicht richtig, insgesamt ist eine kostspielige energetische Modernisierung der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude nötig.
»Es ist wichtig, dass solche Strukturen erhalten bleiben und der Kapitalverwertung nicht in den Rachen geworfen werden«, sagt die Friedrichshain-Kreuzberger Bezirksverordnete Gaby Gottwald zu »nd«. Tækker dränge jedoch in noch in seinem Besitz befindlichen Kreuzberger Gewerbehöfen weiter Mieter hinaus, um sie teurer verkaufen zu können. »Spekulanten wie Tækker gehört grundsätzlich das Handwerk gelegt«, fordert die Politikerin, die seit über einem Jahrzehnt gegen dessen Kreuzberger Machenschaften kämpft.
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