- Kommentare
- Verdrängung in Berlin
Geld zum Leben statt nur Wohnen
Die gesundheitlichen und existenziellen Folgen von Gentrifizierung belasten Menschen enorm
Es darf und es muss nicht alles wieder von vorne losgehen oder »das Rad neu erfunden werden«. Wenn mit »Hochdruck« an Lösungen gearbeitet werde, Kommunen wieder die rechtssichere Ausübung des Vorkaufsrechts zu ermöglichen, dann ließe sich darauf antworten: Es gibt dafür eine gute Vorlage - den Berliner Bundesratsantrag. Nichts half zuletzt noch gegen massiv anwachsende Verdrängung und Luxussanierung, und die Liste von Berliner Mietshäusern, an denen die Gentrifizierung nagt, ist lang. Das meint beileibe nicht die Bausubstanz, es meint die Menschen, die darin leben, die unter Druck geraten, sich vielleicht gerade noch so die überteuerte Miete leisten können, aber ansonsten kein Buch mehr, keinen Kinobesuch, keine angemessene Kleidung, keine Urlaubsreise und am Ende auch nicht mehr genug Lebensmittel.
Und da hat noch niemand über Umzugs- und alle sonstigen zusätzlichen Kosten gesprochen, die das Bündnis Neues Vorkaufsrecht, in dem 50 mietenpolitische Initiativen versammelt sind, jetzt versucht hat zu ermitteln. Hier sitzen die Expert*innen für ein soziales Berlin! 6363 Euro pro Haushaltsmitglied im Umzugsjahr! Was für eine Belastung das ist, davon machen sich die Lobbyisten von Immobilienkonzernen in der Ampel-Koalition, aber auch in der Berliner Landespolitik keinen Begriff - denn die sitzen nicht alle nur in der FDP und der CDU. Natürlich kann man über Neubau-Programme schwadronieren, die in ferner Zukunft Wirklichkeit werden sollen, aber die existenziellen Sorgen der von Verdrängung bedrohten Mieter*innen werden durch solche Pläne überhaupt nicht aufgefangen. Und gesetzgeberische Kompetenzen werden zugleich nicht ausgereizt. Aber man wird sehen, was nach den 100 Tagen des »Sofort«-Programms von der Forderung nach einem Vergesellschaftungsgesetz übrig bleibt. Ein »Berlin für alle« - der Koalitionsslogan - will mit Taten gefüllt werden.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.