Von unschätzbarem Wert

Moore sind die besten Treibhausgasspeicher der Welt – wenn sie nicht trockengelegt sind

  • Haidy Damm
  • Lesedauer: 4 Min.
Gemeine Becherjungfern im moorigen Gewässer in Niedersachsen.
Gemeine Becherjungfern im moorigen Gewässer in Niedersachsen.

Einst bedeckten Moore rund vier Prozent der Fläche Deutschlands, ein Gebiet etwa so groß wie Schleswig-Holstein. Für die Menschen kaum nutzbar, entstanden umso mehr Mythen und Gruselgeschichten rund um die Sumpflandschaften. Heute sind in Deutschland noch etwa 25 000 Hektar intakt; mehr als 90 Prozent der Moorflächen gelten als entwässert – trockengelegt, um Torf zu stechen, Mais anzubauen oder Kühe grasen zu lassen.

UN-Tag der Feuchtgebiete

Der Welttag der Feuchtgebiete wird seit 1997 jährlich am 2. Februar begangen, im Gedenken an die Ramsar-Konvention (Übereinkommen über Feuchtgebiete von internationaler Bedeutung), die von der Unesco angestoßen wurde. Das Übereinkommen wurde am 2. Februar 1971 in Ramsar in Iran geschlossen und ist damit eines der ältesten internationalen Vertragswerke zum Naturschutz. Die Konvention trat 1975 in Kraft und wurde von 21 Gründerstaaten unterzeichnet. Die Bundesrepublik hat die Konvention 1976 ratifiziert, die DDR 1978.

Vorausgegangen waren dieser Konferenz erste großräumige und überregionale Wasservogelzählungen in den 60er Jahren, die einen massiven Rückgang der betreffenden Vogelarten belegten. Ziel des Übereinkommens ist die sinnvolle Nutzung und der Schutz aller Feuchtgebiete. In Deutschland sind aktuell 35 Gebiete von internationaler Bedeutung ausgewiesen. had

In trockenem Zustand stoßen Moore jedoch enorm viel schädliches Kohlenstoffdioxid aus. In Deutschland entspricht deren Fläche nur sieben Prozent der Landwirtschaftsfläche, jedoch verursachen sie 38 Prozent aller Treibhausgasemissionen der gesamten Landwirtschaft – inklusive Tierhaltung. In einem moorreichen Bundesland wie etwa Mecklenburg-Vorpommern sind entwässerte Moore sogar die größten Einzelemittenten von Treibhausgasen.

Unzerstört speichern Moore dagegen ein Drittel des erdgebundenen Kohlenstoffs, rund doppelt so viel wie alle Wälder zusammen. Die Wiedervernässung und der Schutz von Mooren stellen deshalb eine der effektivsten flächenbezogenen Klimaschutzmaßnahmen dar. Und Moore wirken als Wasserspeicher. Eine Funktion, die angesichts der in der Klimakrise häufiger auftretenden Dürren und Starkregen immer wichtiger wird. Hinzu kommt ihre einzigartige Artenvielfalt – viele der moortypischen Tiere und Pflanzen können nur hier überleben.

Im September vergangenen Jahres hatte die letzte Bundesregierung erstmals eine Nationale Moorschutzstrategie verabschiedet. Kurz vor knapp wurde damit ein Vorhaben des Koalitionsvertrages zumindest teilweise umgesetzt. Nach langem Hin und Her zwischen den Ressorts Landwirtschaft und Umwelt entstand im Hause der damaligen Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) ein Papier, das immerhin als Arbeitsgrundlage für die jetzige Regierung gilt. »Klar ist«, so Schulzes Staatssekretär Jochen Flasbarth damals, »dass wir nach einem Jahrhundert des Verlustes an Mooren nun ein Jahrzehnt des engagierten Wiederaufbaus von Mooren brauchen.«

Einzelne Bundesländer haben bereits seit den 80er Jahren Moorschutzprogramme, so zum Beispiel Niedersachsen, wo für Torfabbau, Besiedelung und Milchkühe viele Moore zerstört wurden. Dort sowie in Brandenburg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein wurden bereits viele Tausend Hektar an Mooren reaktiviert.

Die Lösung ist also die Wiedervernässung. Doch dann wächst dort kein Mais mehr, und es können auch keine oder weniger Kühe weiden. Alternativen will nun das Bundesumweltministerium mit der Förderung von vier Pilotprojekten in den Moorregionen von Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Bayern aufzeigen. Für die kommenden zehn Jahre werden Gelder in Höhe von insgesamt 48 Millionen Euro bereitgestellt. Erprobt werden soll, wie trockengelegte und intensiv genutzte Moorböden wiedervernässt und genutzt werden können. Etwa durch Schilfanbau und andere sogenannte Paludikulturen, die unter nassen Bedingungen gut wachsen. Die entstehende Biomasse kann als Baustoff eingesetzt werden. Essen kann man sie aber nicht, und in den EU-Agrarsubventionen ist bisher keine Förderung vorgesehen.

20 Prozent der Milchkühe und Rinder werden nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) auf Moorstandorten gehalten. Eine Wiedervernässung wäre laut AbL zwar eine sehr effiziente Maßnahme, Treibhausgase zu verringern, Milchviehhaltung sei dann aber nicht mehr möglich. Einige Landwirt*innen setzen auf Wasserbüffel, das ist aber bisher nur eine Nische. Doch wie die Existenznot auffangen? »Im Einvernehmen mit den Bäuerinnen und Bauern, die auf Moorflächen wirtschaften, sind Umwidmungsprogramme und verlässliche Verträge zu gestalten und wirtschaftliche Perspektiven zu erarbeiten«, so die AbL.

Konkret umgesetzt ist bisher allerdings wenig, besonders, wenn man bedenkt, dass bis 2050 nahezu alle Moore nass und möglichst klimaneutral sein müssen, um die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bekannte: »Hier brauchen wir dringend Fortschritte, wenn wir unsere Klimaziele insgesamt erreichen wollen.«

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