Milliardenregen für Europas Chipindustrie

Die EU soll nach dem Willen Brüssels wieder ein wichtiger globaler Player bei Halbleitern werden

Mit bis zu 43 Milliarden Euro will die EU-Kommission den Ausbau der Halbleiterindustrie in Europa fördern. Dies sieht der »Chips-Act« vor, den die EU-Kommission am Dienstag vorstellte. Dieser werde »unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber künftigen Krisen erhöhen, indem wir Störungen der Lieferkette antizipieren und vermeiden können«, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. »Mittelfristig wird es Europa zu einer führenden Position in dieser strategisch wichtigen Branche verhelfen.«

Die Brüsseler Vorlage, der noch Ministerrat und Europaparlament zustimmen müssen, umfasst ein Maßnahmenpaket, das öffentliche und private Investitionen mobilisieren soll. Es umfasst Fördermittel für Forschung, Entwicklung, innovative Start-ups und Pilotprojekte. Ferner sollen Produktionskapazitäten bei energieeffizienten Chips mit höherer Transistorendichte entstehen. Außerdem werden die Regelungen für staatliche Beihilfen der EU-Mitgliedsländer gelockert, und die EU-Kommission möchte künftig die Wertschöpfungskette in den einzelnen Mitgliedstaaten zentral überwachen und im Falle von Krisen in den Markt eingreifen können.

Hintergrund des im Eiltempo entstandenen Vorstoßes sind die noch immer andauernden Engpässe bei Halbleitern, die im vergangenen Jahr zeitweilig ganze Autowerke in Europa lahmlegten. Während der pandemiebedingten Lockdowns hatten die Hersteller von stark nachgefragten Elektronikprodukten den Chipmarkt leergekauft. Als die Autoindustrie im Post-Corona-Boom die Produktion hochfahren wollte, gab es massive Lieferprobleme bei den wichtigen Vorprodukten. Halbleiter werden zum größten Teil in China, Südkorea und Japan gefertigt – dank staatlicher Subventionen preisgünstig.

Brüssel hofft, mit den Plänen den EU-Marktanteil bis 2030 auf 20 Prozent zu erhöhen. Wichtigstes Zentrum ist, aufbauend auf der DDR-Mikroelektronikforschung, derzeit Dresden – jeder dritte in Europa produzierte Chip kommt aus »Silicon Saxony«. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) sieht das Milliardenprogramm der EU denn auch als Chance für Sachsen. Es könnte aber genauso gut andere Standorte stärken.

Die Branche freut sich derweil über den angekündigten Geldregen. Der IT-Verband Bitkom spricht von einem »Meilenstein zur Stärkung der europäischen Halbleiterindus-trie«. Wolfgang Weber vom Zentralverband der Elektro- und Digitalindustrie findet es »richtig, das gesamte Halbleiter-Ökosystem in Europa nachhaltig zu fördern«. Er kritisiert allerdings den Fokus auf bestimmte Strukturgrößen von Halbleitern und vor allem die Eingriffsrechte in den Markt, die sich die EU-Kommission sichern möchte.

Bei Maik Außendorf, Digitalpolitik-Sprecher der Grünen im Bundestag, kommt gerade das gut an: »Es muss eine engmaschige Überwachung der gesamten Lieferkette zwingend umgesetzt werden, um Engpässe zu erkennen«, sagte er.

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