- Politik
- Asylpolitik
Fast 12 000 Abschiebungen
In der Pandemie hat sich die Zahl der Rückführungen fast halbiert. Linke-Politikerin fordert Umsetzung von Bleiberechtsregelung
Oft passiert es nachts, ohne große Vorwarnung und gegen den Willen der Betroffenen. Menschen, deren Antrag auf Asyl in Deutschland abgelehnt wurde, werden in ihr Herkunftsland oder einen Drittstaat abgeschoben. Wie das Innenministerium der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mitteilte, gab es im vergangenen Jahr 11 982 Abschiebungen. Das ist ein leichter Anstieg im Vergleich zum ersten Pandemiejahr, als der Reiseverkehr in der stärker eingeschränkt war. Damals wurden 10 800 Menschen abgeschoben. Allerdings war auch diese Zahl deutlich geringer als vor der Pandemie. Im Jahr 2019 waren es noch knapp 22 000 Abschiebungen gewesen.
Für Clara Bünger, fluchtpolitische Sprecherin der Fraktion die Linke im Bundestag, ist das kein Grund zur Beruhigung. Sie kritisiert gegenüber »nd«, dass auch im vergangenen Jahr viele Menschen in Länder abgeschoben, in denen Verfolgung an der Tagesordnung sei, etwa in die Türkei. Dorthin wurden im vergangenen Jahr 361 Menschen auf dem Luftweg abgeschoben. Die meisten Abschiebungen per Flugzeug gingen laut Informationen der dpa im vergangenen Jahr nach Georgien (1116) und Albanien (908). Auch Pakistan war mit 513 Abschiebungen oben auf der Liste der 20 Länder auf, in die am meisten abgeschoben wird. Im Gegensatz zum Vorjahr tauchte Afghanistan nicht mehr auf dieser Liste auf. Seit der Machtübernahme der Taliban im Sommer gibt es einen Ausreisestopp in das Land. Auch nach Syrien wird aus Deutschland nicht abgeschoben. Allerdings wurden 470 Syrer*innen in Drittländer zurückgeführt.
Lesen Sie auch: Im Zweifel gegen die Betroffenen. Herr C. lebt seit fünf Jahren in Deutschland, spricht Deutsch und ist mit einem Mann verheiratet. Die Ausländerbehörde Magdeburg will ihn in die Türkei abschieben.
»Ich bin der Meinung, dass kein Mensch gegen seinen Willen in das Herkunftsland oder ein Transitland abgeschoben werden darf«, sagt Bünger zu »nd«. Sie fordert von der Bundesregierung, eine wirksame Bleiberechtsregelung umzusetzen. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, FDP und Grüne angekündigt, Menschen mit jahrelanger Duldung ein Bleiberecht zu eröffnen.
Zugleich wurde dort aber eine Rückführungsoffensive angekündigt, »um Ausreisen konsequenter umzusetzen, insbesondere die Abschiebung von Straftätern und Gefährdern.« Zudem sollen nach dem Willen der Ampel-Parteien Migrationsabkommen mit wichtigen Herkunftsländern vereinbart werden. Eine Einigung über den neuen Posten eines Sonderbevollmächtigten steht noch aus.
Die meisten Abschiebungen hat laut einer Aufstellung des Innenministeriums im vergangenen Jahr mit 2900 Menschen das bevölkerungsreichste Bundesland, Nordrhein-Westfalen, organisiert. In Berlin waren es 959. Die Bundespolizei veranlasste demnach 328 Abschiebungen. Mit Agenturen
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.