- Kommentare
- Leipziger Buchmesse
Was der Markt nicht regelt
Wolfgang Hübner über die Absage der Leipziger Buchmesse
Nachdem feststeht, dass die Leipziger Buchmesse zum dritten Mal ausfällt, stellen sich Fragen. Drei Jahre Sendepause – bleibt am Ende mehr übrig als der Schatten dieser traditionsreichen Institution? Was geschieht, wenn man so etwas dem krisengeschüttelten Selbstlauf überlässt, war in den letzten Tagen zu beobachten. Der Markt regelt es so, wie es für ihn am effizientesten ist. Und das heißt für den Markt: Pfeif auf die Buchmesse, pfeif auf die Bücherfreunde und Leser, pfeif auch auf die vielen kleinen Verlage, für die solche Messen eine wichtige Bühne sind. Die großen haben ihre Schäfchen längst im Trockenen; die entscheidenden Geschäfte werden heutzutage anderswo eingefädelt.
Es ist nicht nur ein kulturelles Ereignis, das hier gefährdet ist, weil es das Pech hat, im Pandemiekalender einen ungünstigen Termin zu besetzen. Es geht auch um einen Ort der politischen und kulturpolitischen Auseinandersetzung. Nicht von ungefähr hat sich die Initiative »Verlage gegen rechts« mit einem vehementen Protest zu Wort gemeldet. Aber das sind für den Markt keine Kriterien. Wenn es stimmt, dass die Messe erneut ausfällt, weil große Verlage und Verlagsgruppen fernbleiben, dann kann man an deren Verantwortung als Unternehmen appellieren. Man muss aber auch und vor allem den Staat auffordern, hier aktiv zu helfen. Denn Bücher – und Kultur insgesamt – sind eben nicht nur Handelsobjekte, Verkaufsargumente und Kennziffern für Prokuristen, sondern sie sind elementarer Teil des Lebens und des Austauschs in einer Gesellschaft.
Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann
Hinzu kommt im konkreten Fall der Standort Leipzig. Diese Buchmesse ist eines der großen Kulturereignisse im Osten Deutschlands, und deshalb verweist eine Gruppe von Autoren darauf, dass westdeutsche Großverlage die Absage erzwungen hätten. Ein Hinweis auf die Macht- und Vermögensverhältnisse nach mehr als 30 Jahren deutscher Einheit. Und darauf, dass es genügend Gründe gibt, dem Markt zu misstrauen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.