Auf niedrigem Niveau stabil

Berliner IHK sieht Kehrtwende auf dem Ausbildungsmarkt - Linke fordert erneut Azubi-Kostenumlage

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach massiven Einbrüchen auf dem Berliner Ausbildungsmarkt im Coronajahr 2020 könne man »eine leichte Trendwende« erkennen, sagt Jörg Nolte, Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin. Das sei die gute Nachricht. Die schlechte: »Trotzdem konnten wir im vergangenen Jahr noch nicht an das Vorkrisenniveau anschließen«, so Nolte am Mittwoch bei der Vorstellung der IHK-Ausbildungsbilanz 2021.

Der Statistik zufolge wurden im vergangenen Jahr insgesamt 6883 IHK-Ausbildungsverträge geschlossen, rund 200 mehr als im Vorjahr, aber immer noch über 1200 weniger als 2019. Besonders misslich bleibt die Situation im gebeutelten Hotel- und Gastgewerbe, wo die Zahl der Ausbildungsverträge immer noch gut 40 Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegt. Große Sprünge scheinen hier kaum in Sicht, zumindest wenn man der Selbsteinschätzung der Branche folgen will: Nach einer aktuellen IHK-Umfrage beurteilen drei von vier Betrieben im Gastgewerbe ihre Lage als schlecht.

IHK-Geschäftsführer Nolte übt sich dennoch in Optimismus und verweist auf die »vielen Berufe«, bei denen mit Blick auf die Azubi-Zahlen »doch die Talsohle durchschritten« sei. Auch habe sich die Quote der vorzeitigen Vertragsauflösungen zwischen den Betrieben und den Azubis wie in den Vorjahren mit rund 12 Prozent in Grenzen gehalten. Gut 83 Prozent der Berufsanfänger hätten zudem die Abschlussprüfungen bestanden. »Auch da sehen wir eine relativ konstante Entwicklung, die uns sehr freut«, sagt Nolte.

Dass am Ausbildungsmarkt keineswegs in jeder Hinsicht eitel Sonnenschein herrscht, macht hingegen Karen Koch deutlich. Die Ausbildungsleiterin der Supermarktkette Bio Company berichtet, dass es immer öfter vorkomme, dass ihr Unternehmen unvollständige Bewerbungsunterlagen erhalte. Auffällig sei zudem, »dass sehr viele Lebensläufe 2019, 2020 einfach enden«. Vor allem aber, »dass das Vorstellungsgespräch immer häufiger zum Berufsberatungsgespräch wird«, weil die Berufsorientierung an den Schulen pandemiebedingt weitgehend flachgefallensei. Hinzu käme, dass viele Schulabgänger durch die Corona-Lockdowns einfach nur »rumgedümpelt« hätten, so Koch.

Dorothee Frankenstein vom Berliner Heizungs- und Klimatechnikunternehmen MF Mercedöl beklagt überdies eine zunehmende Zahl von Bewerbern, »denen die Grundlagen in Mathe, Deutsch und Naturwissenschaften fehlen«. Dabei würden die Anforderungen an viele technische Ausbildungsberufe andererseits immer höher. Bei der Schließung der Bildungslücken seien die Politik und der Ort Schule ebenso gefragt wie bei der Verstärkung der berufsorientierenden Maßnahmen, so Ausbildungsleiterin Frankenstein.

Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Damiano Valgolio, sieht zwar auch, dass eine »verbesserte öffentliche Förderung und Vermittlung« vonnöten ist. Vor allem aber müssten »die Berliner Unternehmen endlich selbst ihrer Verantwortung gegenüber den jungen Menschen gerecht werden und mehr betriebliche Ausbildungsplätze anbieten«. Die Linke setze sich daher weiter für eine Ausbildungsplatzumlage ein, um die Ausbildungskosten gerecht zu verteilen. »Betriebe, die ausbilden, werden mit der Umlage unterstützt«, so Valgolio. Alle anderen müssten zahlen.

Die IHK lehnt das kategorisch ab. Eine Ausbildungsplatzabgabe »setzt falsche Anreize, trifft die Falschen und löst das Problem nicht«, so Geschäftsführer Nolte. Schließlich gebe es genügend Betriebe, die gern ausbilden würden, aber keine geeigneten Bewerber fänden. Das sieht Die Linke freilich anders.

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