Post aus Peking

Helden des Alltags

  • Fabian Kretschmer, Peking
  • Lesedauer: 2 Min.
Immer gut gelaunt: Freiwillige beim Freestyle im Genting Snow Park Zhangjiakou
Immer gut gelaunt: Freiwillige beim Freestyle im Genting Snow Park Zhangjiakou

Langsam wird es Zeit, zum Abschluss leise »Servus« zu sagen. Oder besser: »Zàijiàn!« wie es die Pekinger formulieren. Sobald die letzte Medaille vergeben ist, befinden sich die Athleten bereits auf halbem Weg zum Internationalen Flughafen Peking-Daxing. Spätestens dann werden die Winterspiele allmählich in den medialen Hintergrund rücken - und in der Hauptstadt wird wieder ein wintersportfreier Alltag einkehren.

Fabian Kretschmer
Fabian Kretschmer berichtet seit 2019 als freier Korrespondent aus Peking. Während Olympia wirft er für »nd« einen Blick aufs Geschehen abseits der Wettkampfstätten.

Ich muss dieser Tage vor allem an die unzähligen Freiwilligen denken, die die Großveranstaltung mit ihrem Einsatz und Engagement gestemmt haben. Junge Helfer wie die Studentin Sila, die mir bereits Ende letzten Jahres beim gemeinsamen Kaffee euphorisch davon berichtet hat, wie sehr sie sich darauf freut, an den Winterspielen teilzunehmen. Wie die meisten hoffte die 23-Jährige vor allem, etwas internationales Flair in diesen doch so abgeschotteten Zeiten zu erleben. Wenn man schon nicht die Welt bereisen kann, dann kann man zumindest die Welt in Peking kennenlernen.

Universitätsstudenten sind in der chinesischen Hauptstadt schließlich ganz besonders stark von der Pandemie betroffen: Um die geöffneten Hörsäle nicht zu gefährden, dürfen die jungen Leute ihren Campus nur mit gesonderter Genehmigung verlassen - etwa, indem man nachweist, dass man einen Arzt besuchen will oder sich für ein Praktikum vorstellt. Während also der Großteil der Bevölkerung in Peking längst wieder dem Alltag nachgeht, gelten für die Studenten weiterhin massive Einschränkungen der Bewegungsfreiheit.

Ein paar Wochen Olympische Spiele hätten angesichts dessen sicher eine willkommene Abwechslung sein können. Doch die hochansteckende Omikron-Variante hat die ambitionierten Pläne der Organisatoren vollkommen durchkreuzt: Ausländische Zuschauer wurden nicht zugelassen, und die Auflagen innerhalb der Olympia-Blase sind sehr viel strenger geworden, als viele es sich ausgemalt hatten. Sich mit Gleichgesinnten aus aller Welt zum Feierabendbier treffen oder gemeinsam beim Public Viewing die Wettbewerbe anschauen, wurde zum Ding der Unmöglichkeit

Doch für die freiwilligen Helfer kam es doppelt ungerecht: Nach der getanen Arbeit, während die Olympiateilnehmer längst wieder in ihrer Heimat angekommen sind, müssen die jungen Chinesen nämlich noch eine mehrwöchige Quarantäne in einer zentralen Isolationseinrichtung absolvieren. Erst dann können sie wieder zurück in ihren gewohnten Alltag.

Ob es all das wert ist? Ich hatte bislang noch nicht die Möglichkeit, Sila persönlich zu treffen. Doch sobald sie wieder in »Freiheit« ist, werde ich ihr sagen, was im öffentlichen Diskurs leider viel zu kurz kommt: Dass erst freiwillige Helfer wie sie die Spiele überhaupt möglich gemacht haben.

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