Machtkampf in Spaniens rechter Volkspartei

Parteichef Pablo Casado wird durch Madrids Regionalpräsidentin Isabel Ayuso herausgefordert

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.

Diese Runde im Machtkampf ging an Isabel Ayuso: Tausende Anhänger haben am Sonntag vor dem Sitz der rechten Volkspartei PP in Madrid den Rücktritt von Parteichef Pablo Casado gefordert. Sie stellten sich damit hinter die unter Korruptionsvorwürfen stehende populäre Regionalregierungschefin Ayuso. »Casado du Verräter, Ayuso ist die Beste«, skandierten ihre Anhänger.

Seit den vorgezogenen Regionalwahlen in der spanischen Hauptstadtregion Madrid im vergangenen Mai schwelte der Führungsstreit in der rechten Volkspartei (PP), der nun nach den Regionalwahlen in Kastilien-León am 13. Februar zum offenen Machtkampf eskaliert ist. Angeschuldigt wird Ayuso in einer Maskenaffäre. Ohne Ausschreibung hat sie der Firma eines Freundes der Familie in der ersten Corona-Welle einen Auftrag zum Kauf von Schutzmasken im Umfang von 1,5 Millionen Euro zugeschustert. Ihr Bruder Tomás soll als Vermittler 283 000 Euro kassiert haben, hatte PP-Chef Casado behauptet und wollte intern ermitteln. Am Freitag brach Ayuso ihr Schweigen und räumte eine Kommission an ihren Bruder ein. Der soll aber nur 55 000 Euro erhalten haben. Alles sei legal gewesen, da im Pandemie-Alarmzustand Ausnahmen möglich waren. Eigentlich dürfen öffentliche Aufträge nur bis zu 15 000 Euro ohne Ausschreibung vergeben werden.

Aufgedeckt hat die dubiosen Vorgänge schon im vergangenen Jahr die linke Online-Zeitung »eldiario.es«. Diese hat auch aufgezeigt, dass Ayuso versuchte, den Vertrag mit der Firma zu verstecken, die keinerlei Erfahrungen im Gesundheitsbereich hatte. »eldiario.es« hat nachgelegt und mit Dokumenten belegt, dass nicht wie bestellt 250 000 »FPP2-« und »FPP3-Masken« geliefert wurden, sondern nur Masken nach der chinesischen Norm »KN95«, die bestenfalls an die europäische FPP2-Norm heranreichen. FPP3-Masken, mit deutlich höherer Filterkapazität, seien überhaupt nicht geliefert worden.

Neu sind Anschuldigungen gegen Ayuso wegen möglicher Korruption und Vetternwirtschaft nicht. Nach Angaben der Nachrichten-Website »Infolibre« hat Ayuso allein im Zeitraum von Januar 2020 bis Oktober 2021 »per Fingerzeig« 5210 Verträge ohne Ausschreibung im Umfang von 1,1 Milliarden Euro vergeben, bei denen einige an Vertraute oder Freunde gegangen seien.

Der offene Machtkampf zwischen Ayuso und Casado entbrannte nicht um die Korruptionsvorwürfe. Dass bei den vorgezogenen Regionalwahlen in Kastilien-León der Casado-Kandidat seine Wahlziele verpasste, schwächte auch Casado, dessen Stuhl als PP-Parteichef stärker zu wackeln begann. Zudem wurde öffentlich, dass die PP eine Detektivfirma beauftragt haben soll, die Ayusos Bruder ausspionieren und belastendes Material gegen die 43-jährige Regionalpräsidentin sammeln sollte.

Machtgerangel in der PP

Ayuso ging zum Gegenangriff über. Man wolle sie »zerstören«, erklärte sie und warf Casado vor, dass er Korruptionsvorwürfe gegen sie »fabrizieren« wolle. »Ich hätte mir nie vorstellen können, dass die Führung meiner Partei so grausam und unfair gegen mich vorgehen würde«, sagte Ayuso. Das ist wenig glaubhaft. Gerade die PP in Madrid hat immer wieder Detektive gegen Parteimitglieder eingesetzt.

Es liegt nahe, dass der angeschlagene Casado die Affäre für sich zu nutzen versuchte, um eine starke Konkurrentin auszuschalten. Seit Monaten verschleppt er einen Parteikongress in Madrid, in dem sich Ayuso zur PP-Präsidentin der wichtigsten Hauptstadtregion küren lassen will. Das wäre das Sprungbrett zum Angriff auf Casado und die PP-Führung, die sie anstrebt und ihr zugetraut wird seit dem klaren Sieg in Madrid. Mit fast 45 Prozent und über 20 Prozentpunkten Zuwachs verdrängte Ayuso im Mai 2021 die abstürzenden Sozialdemokraten klar auf den zweiten Rang. Sie konnte auch den Aufstieg der ultrarechten Vox begrenzen, mit deren Hilfe sie nun regiert. Statt neun Prozent wie in Madrid kamen die Ultras in der Nachbarregion Kastilien-León vor einer Woche auf über 17 Prozent. Die PP, die eine absolute Mehrheit angestrebt hatte, kam mit leichten Verlusten auf gut 31 Prozent. Eine weitere Regierung mit Vox-Unterstützung wie schon in Murcia und Andalusien will Casado in Kastilien-León vermeiden. Auch das sieht Ayuso anders.

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