- Politik
- Beziehungen zu Russland
Zeitenwende auch für Mecklenburg-Vorpommern
Schwesig friert die Beziehungen des Landes zu Russland ein und will die Klimaschutzstiftung auflösen
Am Dienstag kommt der Landtag in Schwerin zu einer von der Opposition verlangten Sondersitzung zusammen, in der es unter anderem um das Verhältnis des Nordostens zu Russland und die umstrittene Klimaschutzstiftung des Landes gehen soll, deren Kapital fast ausschließlich vom Betreiber der fertiggebauten aber mittlerweile auf Eis gelegten Ostseepipeline Nord Stream 2 kommt. Sowohl die Gasleitung als auch die Stiftung, die noch unter der SPD-CDU-Regierung der letzten Legislaturperiode geschaffen worden war, waren von der damaligen wie aktuellen Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) lange vehement verteidigt worden - bis die Aggression Russlands gegenüber der Ukraine dafür gesorgt hatte, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auch Nord Stream 2 auf die Liste möglicher Sanktionen setzte.
Da Schwesig wegen einer seit längerem laufenden Nachsorgebehandlung ihrer Krebserkrankung am Dienstag nicht wird an der Sondersitzung teilnehmen können, hat sie sich am Montag in sozialen Netzwerken vorab ausführlich zum Angriff Russlands auf die Ukraine und vor allem die Folgen für Mecklenburg-Vorpommern geäußert.
Dabei machte die etwa ob ihrer Haltung zu Nord Stream 2 mitunter als »Putin-Versteherin« angegriffene Ministerpräsidentin - wie bereits schon mehrfach seit Beginn des russischen Angriffskriegs - deutlich, dass sie keineswegs Verständnis für Putins Aggressionen hegt und hinter dem Vorgehen Scholz’ steht. Zum Vorwurf des »Putin-Verstehertums« schrieb sie: »Ich will sehr deutlich sagen: Das ist Unsinn. Ich habe niemals ein Gespräch mit Präsident Putin geführt oder sein Vorgehen gegen die Ukraine unterstützt«. Kanzler Scholz sei sie »sehr dankbar für seine klaren Worte, auch in seiner Regierungserklärung im Bundestag am Sonntag« und unterstütze den Kurs der Bundesregierung. Zum Angriff Russlands erklärte sie: »Der russische Einmarsch in die Ukraine ist ein brutaler Angriff auf ein Nachbarland, eine klare Verletzung des Völkerrechts und durch nichts zu rechtfertigen. Der russische Präsident Wladimir Putin trägt die alleinige Verantwortung dafür.« Ihre Gedanken seien bei den Menschen in der Ukraine, denen sie Solidarität zusichere. »Wir sollten offenen Herzens sein, wenn Schutzsuchende aus der Ukraine zu uns nach Deutschland kommen. MV bereitet sich auf die Aufnahme vor«, so Schwesig.
Tatsächlich waren im Nordosten bereits in der Nacht zu Sonntag die ersten Geflüchteten angekommen. Zuflucht fanden die 20 Menschen, vor allem Frauen und Kinder, in der Landeshauptstadt Schwerin. »Die Schweriner haben so wie alle unsere Landkreise und kreisfreien Städte unverzüglich auf den Aufruf unseres Landeskrisenstabs reagiert, Unterbringungskapazitäten für Menschen vorzubereiten, die vor dem Krieg in der Ukraine fliehen. Schwerin hat zudem über die sozialen Medien sowie Netzwerkpartner Informationen für Ankommende in deutscher und ukrainischer Sprache verbreitet«, hatte Innenminister Christian Pegel (SPD) am Sonntag erklärt. In Schwerin, Neubrandenburg, Rostock und Stralsund waren am Sonntag noch weitere Geflüchtete erwartet worden.
In Bezug auf die auch zur Unterstützung von Nord Stream 2 gegründeten Klimaschutzstiftung erklärte Schwesig, dass sie den Vorstand gebeten habe, »im Rahmen der engen rechtlichen Möglichkeiten eine Auflösung der Stiftung auf den Weg zu bringen.« Zudem werde geprüft, »ob es rechtlich möglich ist, die von Nord Stream zur Verfügung gestellten Stiftungsgelder für humanitäre Zwecke einzusetzen«, so die Ministerpräsidentin. Da der Klimaschutz »ein Ziel von überragender Bedeutung« bleibe, werde »die Landesregierung aus eigenen Mitteln in den nächsten Jahren 20 Millionen Euro zusätzlich für dieses wichtige Thema zur Verfügung stellen«. Von der Stiftung selbst kam noch am Montag in Sachen Auflösung eine Absage. Sowohl die Stiftung insgesamt und damit auch die für Klimaschutz zuständige Geschäftsstelle, die keinerlei Bezug zu Nord Stream 2 habe aufzulösen als auch das von Nord Stream 2 stammende Stiftungsvermögen einem anderen Zweck zuzuführen sei »rechtlich ausgeschlossen«, erklärte der Stiftungsvorstand.
Der Angriff auf die Ukraine sei »eine Zeitenwende, die Grundlegendes verändert«, heißt es bei Schwesig weiter. Dies gelte auch für die Beziehungen des Landes nach Russland. So sei die Partnerschaft zur Region Leningrad Oblast »ruhend gestellt« worden, auf absehbare Zeit werde es keine Russlandtage mehr geben, die Arbeit des ehrenamtlichen Beauftragten des Landes Mecklenburg-Vorpommern werde ausgesetzt und der Verein Deutsch-Russische Partnerschaft werde gebeten, seine Arbeit ebenfalls ruhen zu lassen.
Unterstützung für die angekündigten Maßnahmen bekommt Schwesig von der Linksfraktion im Schweriner Landtag. Auf nd-Anfrage erklärte deren Parlamentarischee Torsten Koplin, dass »angesichts der Aggression gegen die Ukraine auf Befehl des russischen Präsidenten Putin eine Neubewertung unseres Handelns erforderlich« gewesen sei. »Die Sanktionen Mecklenburg-Vorpommerns sind folgerichtig, um deutlich zu machen, dass das Vorgehen Putins entschieden zu ächten ist«, so Koplin. Dazu gehöre auch, bisherige Kontakte und Beziehungen zu Russland ruhen zu lassen. Ebenso sei es nur konsequent, »ernsthaft eine Beendigung des Engagements in der Umwelt- und Klimaschutzstiftung in Betracht zu ziehen« und zu prüfen, wie das Stiftungskapital für humanitäre Zwecke genutzt werden könne.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.