Der Schatten verrät es

Vitamin D und der Mangel an Sonnenlicht im Winter

  • Iris Rapoport
  • Lesedauer: 3 Min.

Zweifellos hat selbst die dunkle Haut unserer afrikanischen Urahnen immer genug Sonne durch ihre Schichten gelassen. Sonst hätte die Evolution die Bildung eines lebenswichtigen Hormons gewiss nicht direkt von den Sonnenstrahlen abhängig gemacht. Die Rede ist von Vitamin D. Das ist erst durch veränderte Umwelt und Lebensweise zu einem Stoff geworden, den wir oft nicht ausreichend selbst bilden - und das, obwohl wir es könnten.

Vitamin D wird in einer konzertierten Aktion von Haut, Leber und Niere aus Cholesterin produziert. Dabei muss zunächst ein Kohlenstoffring gespalten werden. Und das ist der Knackpunkt der Geschichte. Dieser Ring ist so stabil, dass die Energie, die der Treibstoff unserer Zellen, das ATP, liefern kann, nicht ausreicht. Dazu bedarf es der Kraft der Sonne und deshalb geschieht es in der Haut. Im Sonnenspektrum hat jedoch nur das UV-B die nötige Intensität. Und das erreicht durchaus nicht immer die Erdoberfläche. Wenn die Sonne zu flach steht, ist der Weg der Strahlen so lang, dass selbst saubere Luft alles UV-B verschluckt.

Als Faustregel gilt: Nur wenn der Schatten kürzer wird, als wir groß sind, bilden wir Vitamin D. Anders gesagt: Zwischen Oktober und März haben wir in unseren Breiten keine Chance. Ein Glück, dass wir das Vitamin speichern können! Doch dazu muss es zunächst entweder gebildet oder zugeführt werden. Den Bedarf durch Ernährung zu decken, ist kaum möglich. Nur wenige Nahrungsmittel, etwa fetter Fisch, können als gute Quellen dienen. Viel effizienter ist die Eigensynthese im Sommer. Die vermag nicht nur unsere Speicher zu füllen, sondern auch schädlichen Überfluss zu verhindern.

Schmutz in der Luft raubt der Sonne zusätzlich Kraft. Kein Wunder, dass Vitamin-D-Mangelerscheinungen sich mit der Industrialisierung rasant ausbreiteten. »Englische Krankheit« wurde bei Kindern das Krankheitsbild der Rachitis deshalb manchmal auch genannt. Dabei ist der Knochenstoffwechsel gestört. Es kann nicht mehr genügend Kalzium zur Knochenbildung aufgenommen werden. O-Beine waren sichtbares Zeichen dafür. Doch Vitamin D wirkt nicht nur im Knochenstoffwechsel als Hormon. Es reguliert Gene von Zellen verschiedenster Gewebe. Auch moduliert es die Aktivität unseres Immunsystems.

Viele Studien zeigen, dass ein niedriger Vitamin-D-Spiegel im Blutplasma mit erhöhter Sterblichkeit einhergeht. Damit übereinstimmend lässt sich bei vielen Erkrankungen ein erniedrigter Spiegel nachweisen. Doch was ist hier Ursache, was Wirkung? Stirbt man früher, weil Vitamin D niedrig ist? Oder ist der niedrige Spiegel Krankheitsfolge? Die Antwort ist unklar.

Lebertran war dereinst das Heilmittel der Wahl. Heute bewahren Vitamingaben im ersten Lebensjahr die Kinder vor Rachitis. Doch danach? Man sollte es beim Sonnenschutz nicht übertreiben. Sonst bleibt als schlechtere Alternative nur Vitamin D zur Nahrungsergänzung. Keine Frage, die Strahlen der Sonne sind janusköpfig: Alles Leben kommt letztlich von ihr, sie kann es aber auch vernichten. Nutzen wir in den kommenden Monaten ihre Strahlen mit Augenmaß!

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