Ein veganes Industrieprodukt

Mit gentechnischen Methoden soll Ersatzkäse dem Original ähnlicher werden

  • Susanne Aigner
  • Lesedauer: 4 Min.
Veganer Käse liegt auf einem Gitter in der Landmanufaktur Naturwunderbar.
Veganer Käse liegt auf einem Gitter in der Landmanufaktur Naturwunderbar.

Zu fett, zu salzig, zu sehr mit Mineralöl belastet – so lautet das Ergebnis eines aktuellen Labortests von »Öko-Test« von veganem Käse, in dem zwölf verschiedene Sorten in Scheiben von Edeka, Rewe und anderen auf bedenkliche Inhaltsstoffe untersucht wurden. Getestet wurden Geruch, Geschmack, Aussehen und Konsistenz. Kein Produkt erhielt die Bestnote, einige fielen sogar durch. Immerhin schnitten fünf Käse mit »gut« ab und gelten damit als empfehlenswert.

Vier Mal wies das Labor aromatische Mineralölkohlenwasserstoffe nach. Diese können krebserregende Verbindungen enthalten. Bei drei Produkten lag der gemessene Wert sogar über dem von der EU vorgeschlagenen Höchstgehalt für Lebensmittel mit höherem Fettanteil. Noch häufiger fand das Labor gesättigte Mineralölkohlenwasserstoffe. Mineralölkohlenwasserstoffe sind komplexe Mischungen mit stark variierender Zusammensetzung, die in gesättigter (MOSH, mineral oil saturated hydrocarbons) und aromatischer Form (MOAH, mineral oil aromatic hydrocarbons) vorkommen. Sie stammen hauptsächlich aus Erdöl und Erdölprodukten und zu einem geringeren Anteil aus Kohle, Erdgas und Biomasse.

Ihre Bestandteile können direkt bei der Lebensmittelproduktion oder über flüchtige Mineralölkomponenten von Verpackungen in Lebensmittel gelangen. »Öko-Test« vermutet, dass im konkreten Fall in der Produktion Schmieröle eingesetzt wurden. Die Stoffe können sich im menschlichen Fettgewebe, der Leber, Milz und den Lymphknoten anreichern und dort eventuell Organschäden verursachen.

Käseersatz enthält vergleichsweise wenig Protein und Calcium.

Fast alle veganen Käse im Test waren zu salzig. Allerdings unterscheiden sich die Salzgehalte teilweise sehr stark. In Finnland muss bei Käse ab einem Gehalt von 1,4 Prozent ein Hinweis die Verbraucher vor dem hohen Salzgehalt warnen. »Öko-Test« verteilt Minuspunkte, sobald der Salzgehalt den finnischen Wert überschreitet.

Im Vergleich zu herkömmlichem Käse enthalten Käse-Ersatzprodukte vergleichsweise wenig Protein und Calcium. Sie bestehen vor allem aus Wasser, Kokosöl oder -fett sowie Stärke. Durch deren Mischung, teilweise noch unter Zugabe von Verdickungsmitteln, entsteht die feste Konsistenz. Weich- und Frischkäse-Alternativen durchlaufen einen Fermentationsprozess und eine Reifung ähnlich wie bei herkömmlichem Käse, bei dem meist weniger Zusatzstoffe benötigt werden. Um an den echten Käsegeschmack heranzukommen, setzen die meisten Hersteller Aromen ein. In oben genanntem Test waren die Hauptbestandteile Kokosöl, Wasser und Stärke – nichts was nach Käse schmeckt.

Beim Einkauf sollte man beachten, dass die Zutatenliste keine synthetischen Zusatzstoffe enthält. Am besten sollte der Vegan-Käse mit einem Bio-Siegel zertifiziert sein. Veganer Käse darf übrigens nicht als »veganer Käse« bezeichnet werden. Nur Milch aus einem Euter, die zu Käse verarbeitet wird, darf so heißen – mit Ausnahme von Kokosmilch. Dementsprechend hießen die oben getesteten Produkte auch »Genießerscheiben« oder »Naturscheiben«.

nd.DieWoche – unser wöchentlicher Newsletter

Mit unserem wöchentlichen Newsletter nd.DieWoche schauen Sie auf die wichtigsten Themen der Woche und lesen die Highlights unserer Samstagsausgabe bereits am Freitag. Hier das kostenlose Abo holen.

Der Grad der industriellen Verarbeitung lässt sich bei Ersatzkäse weiter steigern. Etwa mit Käse aus künstlich hergestellten Proteinen, der den Ersatzkäse-Markt revolutionieren soll. Dieser wurde von einem Startup namens Formo 2019 erstmalig auf den Markt gebracht.

Die Idee ist es, Proteine aus Mikroorganismen herzustellen, die dieselbe DNA tragen wie das Milchprotein. Bei der sogenannten Präzisionsfermentation handelt es sich – ähnlich wie bei der Bierherstellung – um einen Stoffwechselprozess. Dabei werden Mikroorganismen mit einer pflanzlichen Nährlösung gefüttert. Das Formo-Team nahm den Pilz Koji und pflanzte ihm per Gentechnik die in Kuh-DNA enthaltenen Baupläne für das Protein Kasein ein. Gibt man den Mikroorganismen Zucker und Mineralstoffe, produzieren diese los. Was am Ende in Pulverform im Käse landet, sei schlicht »naturidentisches Milcheiweiß«. Der Milchbestandteil Fett muss durch pflanzliche Stoffe ersetzt werden. Das sei nicht ganz so einfach, räumen die Produktentwickler ein. Für viele Käsesorten eignet sich das im Labor produzierte Protein nicht. Was der Kunst-Käse auch nicht kann: bei Hitze schmelzen und Fäden ziehen. Das kann nur Käse aus natürlichem Milchprotein.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.