• Berlin
  • Flucht aus der Ukraine

Kipping wehrt sich gegen Vorwurf der Hartherzigkeit

Berlin beendet in dieser Woche die Unterbringung von Ukraine-Flüchtlingen in angemieteten Hotels und Hostels

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 4 Min.

Die vom Land Berlin organisierte Unterbringung von bislang mehreren Tausend Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Hotels und Hostels wird spätestens am Donnerstag beendet. »Die Verträge des Landes mit den privaten Betreibern waren bis zum 31. März befristet und werden nicht darüber hinaus verlängert«, bestätigt Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten, gegenüber »nd«.

Insgesamt 21 größere und kleinere Unterkünfte hatte das Land Berlin nach dem Kriegsbeginn vor fast fünf Wochen kurzfristig angemietet. Dass die Mietverträge nun nicht verlängert werden, habe zum einen finanzielle Gründe, denn: »Das Land ist hier enorm in Vorleistung gegangen«, so Langenbach. Zum anderen habe aber auch ein Teil der Hoteliers ohnehin von Anfang an gesagt, dass sie ihre Unterkünfte nicht länger zur Verfügung stellen werden, da sie mit dem Frühling und dem faktischen Ende der Infektionsschutzmaßnahmen zum Touristengeschäft zurückkehren wollen.

Schon jetzt werden im Schnitt zwei bis drei Hotels und Hostels am Tag geräumt. Wobei die Bewohner zu jeweils angekündigten Zeiten mit Bussen abgeholt und ins Ankunftszentrum Tegel gefahren werden sollen, um von dort auf andere Bundesländer verteilt zu werden. Soweit zumindest die Theorie.

In der Praxis läuft es etwas anders. Da sich Ukrainer 90 Tage lang ohne Visum frei in Deutschland bewegen können, ist niemand gezwungen, sich irgendwo anders hin »umzuverteilen« lassen. Und offenkundig haben nur wenige Lust, Berlin zu verlassen. »Wir sind momentan damit konfrontiert, dass die Menschen, die wir gern nach Tegel bringen würden, entweder plötzlich weg sind, oder wir haben nur ganz wenige, die tatsächlich in den Bus steigen«, berichtet Langenbach.

Für ordentlich öffentlichen Wirbel hatte jetzt der geschlossen verweigerte Buseinstieg von 120 Ukraine-Flüchtlingen gesorgt, die in einem Hostel an der Storkower Straße in Prenzlauer Berg untergebracht waren - bis es am Montagmorgen geräumt wurde. Die Rede ist von »Rausschmiss«.

Der Berliner CDU-Abgeordnete Danny Freymark kann sich noch am Dienstag über das kurzfristig angekündigte Ende der Unterbringung aufregen. Freymark sagt, er stehe seit Wochen in Kontakt mit den 120 Menschen. Die Mitglieder einer ukrainischen Freikirche werden von ihrer evangelikalen Partnergemeinde in Lichtenberg betreut. »Ich weiß, dass die Gemeinde sich rührend um die Menschen gekümmert haben«, sagt Freymark zu »nd«. Vor allem aber meint er: »Sie alle hätten in dem Hostel bleiben können, es hätte nur gebucht und bezahlt werden müssen.«

Stattdessen habe ihnen nun die Weiterreise ins bayerische Regensburg gedroht. »Natürlich wären sie in Regensburg auch gut versorgt gewesen, aber ihre Partnergemeinde sitzt nun mal in Berlin.« In deren Räumlichkeiten an der Allee der Kosmonauten - angedockt an das fundamentalistisch auftretende »International Gospel Center« - sind sie dann am Montag auch erst einmal umgezogen. Hier schlafen sie nun auf Matratzen in einem Saal.

Freymark fordert, dass bei der Frage, ob Geflüchtete aus der Ukraine in Berlin bleiben können oder nicht, »soziale Kriterien« angewendet werden. Um bei der Gelegenheit gegen die von Linke-Politikerin Katja Kipping geführte Sozial- und Integrationsverwaltung auszuteilen: »Soziale Aspekte spielen für die linke Sozialsenatorin aber keine Rolle.«

Die hartherzige Linke - den Vorwurf wollte Kipping bereits am Montag nicht auf sich sitzen lassen. Die Senatorin verwies im RBB auf die Berliner Ausnahmekriterien. Wer etwa eine Familie oder eine private Unterkunft in der Stadt nachweisen kann, darf demnach auch bleiben. Das habe man »sehr transparent festgelegt«, sagte Kipping. »Was nicht geht, ist eine Politik nach Gutsherrenart: Weil ein CDU-Abgeordneter die kennt oder weil sie das Herz der Senatorin erweicht haben, machen wir eine Ausnahmesituation.«

Jetzt mal alle wieder runterkommen, sagt auch Kippings Sprecher Stefan Strauß. »Dass da teilweise von ›unsozial‹ und ›Abschiebung‹ gesprochen wird, ist Unfug. Wir reden über eine gerechtere Verteilung in ganz Deutschland, in Gemeinden, in denen es mehr Jobs und Wohnungen gibt als in Berlin«, sagt Strauß zu »nd«. Auch den 120 Geflüchteten in Lichtenberg drohen keine Konsequenzen. Es werde nur eben »der Punkt kommen, dass sie eine Registrierung in Tegel benötigen, um Sozialleistungen beantragen zu können«. Und an dem Punkt werde es dann knifflig.

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